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Die deutschen Journalisten in Iran und einige Dinge, die man wissen sollte


Inhaftierte Journalisten in Iran beim Familien Besuch

Die beiden deutschen Journalisten beim Besuch ihrer Familie in Iran.

Immer mehr Stimmen fordern die Bundesregierung dazu auf, die „Kuscheldiplomatie“ gegenüber Iran im Hinblick auf die dortigen inhaftierten deutschen Journalisten aufzugeben. Medien, Prominente und Bischöfe beteiligten sich an Kampagnen zur Freilassung der Reporter. Diese wurden mangels Erfolg intensiver und der Ton schärfer. Inzwischen konzentriert sich die Argumentation der Kampagnen immer mehr auf fundamentale Grundwerte wie die Pressefreiheit. Die ursprüngliche Auffassung, dass die Journalisten bloß aufgrund eines Kavaliersdelikts (mit ungültigen Papieren eingereist) inhaftiert sind, tritt berechtigterweise in den Hintergrund.

Der Fall der deutschen Journalisten ist aber weitaus komplizierter als dies die Begründung des Gefängnisaufenthaltes mit mangelnder Pressefreiheit, oder mit Verstößen gegen die iranischen Einreisebestimmungen vermuten lässt. In der Tat geht es darum, wer die Reise der Journalisten organisiert hat. Auf diese Frage, die die rechtliche Dimension dieses Falles entscheidend determiniert, machte recht früh bereits die Süddeutsche Zeitung und Irananders aufmerksam.

Die „Bild am Sonntag“ machte nie klare Angaben, ob die Reporter Marcus Hellwig und Jens Koch allein in ihrem Auftrag nach Iran reisten oder ob die iranische Dissidentin Mina Ahadi mitbeteiligt war. Unwahrscheinlich ist die Annahme, dass eine große und professionelle Zeitung wie die BamS ihre Journalisten bewusst einer Gefahr ausgesetzt hat, in dem sie ihre Einreise mit vertuschten Angaben zugestimmt und finanziert hat. Offensichtlich liegt es deshalb nahe, dass die iranische Justiz eine Beteiligung Mina Ahadis annimmt. Dafür spricht auch der Aspekt, dass die auflagenstarken Springer-Zeitungen, zu der auch die „Bild am Sonntag“ zählt, monatelang eine äußerst auffällige diskrete Berichterstattung betrieb, so als ob es sich nicht um ihre Journalisten handeln würde und sie nicht in ihrem Auftrag nach Iran reisten. Offiziell hieß es dazu, dass durch die Diskretion dem Auswärtigen Amt größere Chancen für eine vorzeitige Freilassung eingeräumt werden sollten.

Eine Medienpolitik der Diskretion ergibt jedoch nur dann einen Sinn, wenn tatsächlich zuvor ein Fehler bzw. Verschulden des Verlags vorlag und dies dann auch eingestanden wird, andernfalls ist die Diskretion halbherzig und somit unwirksam. Die damalige Diskretion der Springer-Zeitungen ähnelte daher mehr einem Distanzierungsversuch von den Reportern als einer besonnenen Diplomatie, denn eingestanden hat der Verlag bis heute nichts. Zur Beschleunigung der Angelegenheit zum Vorteil der inhaftierten Deutschen ist Transparenz und Aufklärung notwendig – allen voran eine Aufklärung über die Rolle Mina Ahadis in dieser Angelegenheit.

Zur Erinnerung: Mina Ahadi war Separatistenkämpferin der Komalah, die in Iran als Terrororganisation gilt. Die militanten Aktivitäten bei der Komalah in den 80er Jahren führten zu ihrer Verurteilung in Iran, so dass sie dort ebenfalls als flüchtig gilt. Derzeit ist sie führende Parteifunktionärin der stalinistischen Arbeiterpartei (API), die vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet wird. Namentlich im Verfassungsschutzbericht wird auch der Verein "Internationales Komitee gegen Steinigungen", der die Kampagne zur Freilassung Sakineh Ashtianis startete, aufgelistet. Insofern dürfte es Beobachter nicht überraschen, dass die iranische Justiz die Reporter nicht ohne weiteres kurzfristig freilässt, sondern ein Exempel statuieren möchte, wie mit Kollaborateuren umgegangen wird.

Dazu muss es aber nicht kommen. Zum Zwecke der Auslotung von Lösungen ist es nützlich, die Affäre aus iranischer Wahrnehmung nachzuvollziehen. Deshalb im Folgenden ein fiktives Gegenbeispiel, der zwar nicht nahtlos mit dem der deutschen Journalisten passt, aber allemal in ihrer politischen Tiefe. Denn der Fall Sakineh Mohammadi Ashtiani gilt längst nicht mehr als ein apolitischer Rechtsfall, sondern daraus wurde – bedingt durch etlichen kontraproduktiven Kampagnen - ein Politikum, das auch im Kontext der Atomverhandlungen die nationalen Interessen Irans allmählich berührten.

Zwei Journalisten einer großen Zeitung in Iran, die den weltweiten Anti-Amerikanismus nahe steht, reisen getarnt als Touristen in die USA. Sie führen Interviews mit Angehörigen eines muslimischen Häftlings, wofür sich viele Muslime in der islamischen Welt für ihre Freilassung einsetzen. Ziel ist es, den fertigen Bericht in ihre Zeitung, die zu den größten Zeitungen im islamischen Raum gehört, zu publizieren, um die Kampagnen gegen die USA neu anzuheizen. Da beide kein Englisch sprechen, ist ihr Übersetzer ausgerechnet ein ehemaliger und flüchtiger US-amerikanischer Terrorist, der in den USA in Abwesenheit verurteilt worden ist und der per Telefonschaltungen die Gespräche übersetzt. Die beiden Journalisten sind offensichtlich auch in seinem Auftrag (und nicht im Auftrag der Zeitung) in die USA eingereist – so zumindest glaubt es die US-Justiz. Die Zeitung steht aber ohnehin den Islamisten nahe und beschimpft in all ihren Artikel US-Präsident Barack Obama stets als "Kriegstreiber" und "Heuchler". Der Übersetzer ist selbst Mitglied in einer islamistischen Partei und betreibt in den islamischen Ländern erfolgreiche Kampagnen gegen alles was westlich ist und insbesondere gegen die USA. Seine Kampagnen in der islamischen Welt sind Nährboden für den Hass gegen den Westen und bringen viele Politiker in den islamischen Staaten dazu, ein distanzierteres Verhältnis zu den USA einzunehmen.

Es dürfte die Annahme nahe liegen,  dass in  einem solchen Fall - aufgrund der hohen sicherheitspolitischen Sensibilitäten in den USA - die getarnten Journalisten festgenommen und monatelang  verhört werden. Spekulativ bleibt aber die Frage, ob die Appelle aus dem Heimatland der Reporter (Iran), dass  die Reporter wenigstens während der islamischen Feiertage die Gelegenheit bekommen sollen, ihre Familien zu sehen, erhört werden würde oder nicht. Einen zwölfstündigen Restaurant-Besuch in einem Fünf-Sterne-Hotel (mit kurzweiligen Vier-Augen-Gesprächen mit der Familie) kann man dagegen als ausgeschlossen betrachten. So etwas ist ebenfalls nicht während einer Untersuchungshaft - während die Ermittlungen noch laufen - in unseren deutschen Gefängnissen möglich. Mehr noch: Iranische Häftlinge in Deutschland erhalten in der Regel erst drei Monate nach ihrer Festnahme konsularische Betreuung.

Wie dieses fiktive Gegenbeispiel aufzeigt, ist die Freilassung der Journalisten nur durch Transparenz und Aufklärung zu forcieren:

  • Falls die Bild-Zeitung eine Mitverantwortung trägt, ist es ihre Verantwortung, dies einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen.
  • Falls die Bild-Zeitung aber an der Reise der Journalisten nicht beteiligt war, sondern Mina Ahadi, so muss eine klare Distanzierung von der Gründerin vom „Zentralrat der Ex-Muslime“ erfolgen.

Eine Aufklärung zu allen Fragen ist weitaus hilfreicher als die Mobilisierung von Prominenten, Bischöfen und Politikern. Kein „Kuscheldiplomatie“, keine „Hau drauf“-Politik, sondern Aufklärung und Transparenz sind gefragt - und dafür sind ja die Journalisten nach Iran gereist.


schwab13-01-11

das ist alles zutreffend unter der Bedingung, dass es der Meute wirklich um das Wohl der beiden Grenzüberschreiter geht...

Schmitt13-01-11

Der Vergleich hat einen Hacken!

In den USA könnten die iranischen Reporter nicht einmal mit Touristenvisen einreisen!

Fahad13-01-11

Die beiden verdienen kein Mitleid. Die haben die Festnahme einkalkuliert und werden anschliessend die Reportage ihres Lebens schreiben. In Tagebuchform. Denen kann gar nichts passieren, sie sind also sicher. Es wird sowas 'rauskommen wie Reuel M. Gerechts (ehemaliger CIA-Agent, der Mitte der sich 1990er in einem Truck auch ueber Tabriz in den Iran einschleusen liess; Falke, der Iran bombardieren will) Buch.

ProAhmadinejad14-01-11

Die iranische Justiz hat das richtige getan, sie hat die beiden Journalisten dingfest gemacht. Mina Ahadi ist wohl kaum eine Bedrohung für die islamische Staatsordnung, dennoch wird der Iran gewiss ein Exempel statuieren müssen, damit die deutsche Regenbogenpresse plus einige iranische Exilanten sich das 2 mal überlegen müssen, bevor sie sich mit dem islamischen Recht und der Staatsordnung einlassen. Ich hoffe, das der Iran sämtliche juristische Mittel einsetzt um die beiden festgehaltenden Journalisten zu bestrafen.

Mullah15-01-11

wieso versucht ihr hier mit euren komischen 2. klassigen texten hinter allem eine verschwörung zu sehen.
neda wurde von der cia getötet, und nicht von den basiji.
khamenei und ahadinejad sind die mutter teresa unserer zeit und alle morde und verbrechen ist eine erfindung des westens und nun auch noch das.

[Moderation: Es folgen wüste Beschimpfungen und Drohungen des Verfassers, die in sich strafrechtliche Konsequenzen haben.]

Steffen17-01-11

1. Irananders ist das einzige Portal, das ich kenne, dass überhaupt keine Verschwörungstheorien beim Thema Iran nachgeht - im Gegensatz zu den westlichen und iranischen Medien.

2. Vermutlich sind die Texte für einige zu hoch, um sie zu verstehen. Weder hat Irananders jemals behauptet, dass Neda von der CIA umgebracht worden sei noch dass alle Morde und Verbrechen eine Erfindung des Westens seien.

3. Man könnte die Beleidigungen und Morddrohungen gerne freigeben, damit mehrere Leser Strafanzeige erstellen können.

4. Die Exil-Opposition hat wieder einmal gezeigt, dass sie militante unter sich haben.

Iraner17-01-11

Unter den aktiven Exilanten gibt es viele Leute die sich nicht beherrschen können.

Ich finde es gut, dass der Diskussionsbereich moderiert wird und dennoch alle kritische Stimmen freigegeben werden. Wenn man ander Webseiten sich anschaut wie www.irannegah.com sieht man dort permanent Beschimpfungen, die unter der Gürtel Linie gehen. Das ist einfach nur ein Armutszeugnis.

SA17-01-11

Seit Tagen bemühe ich mich vergeblich, dass mein Kommentar zum folgenden Artikel auf Qantara freigegeben wird: http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-468/_nr-1469/i.html

No Chance. Niemand ist auch bei Qantara zu erreichen, der eine Auskunft darüber gibt. Schon ziemlich obszön, dass Qantara, in dessen Motto das Wort "Dialog" vorkommt, restriktiv und systematisch Kommentare ohne Grund und ohne Anlass zensiert.

Im Folgenden das dauerhaft zensierte Kommentar:

Leider gibt es keinen ernsthaften Beleg dafür, dass die Pasdaran die stärkste politische und wirtschaftliche Macht Irans darstellen.

Die Pasdaran Mitglieder sind wie die Basidschis auf den Staatsoberhaupt Ali Khamenei ideologisch und religiös eingeschworen. Vermutlich mag es für einen links-orientierten politischen Denker nicht plausibel zu sein, aber die Pasdaran und die Basidschis denken nicht in politischen Kategorien des Westens oder der Linken.

TE17-01-11

Niemand zensiert schlimmer als Focus.

Selten erlebt, dass ein Experte so krass und eindeutig falsch liegen kann:

"Ebenso schwächte er die Machtbefugnisse des Außenministeriums, indem er in wichtigen Bereichen eine Reihe von Sonderbeauftragten installierte."

Tatsächlich aber installierte Ahmadinejad die Sonderbeauftragten und Khamenei sprach sich dagegen aus. Eigentlich sollte das ein Experte wissen, zumal nirgends es anders lautet.

http://www.presstv.ir/detail/142582.html

Wolfgang29-01-11

Nun würde eine Entlassung und folgende Abschiebung der beiden dem Iran allerdings auch nicht schaden. Die Bild-Leute haben keine Straftaten im Land begangen. Es sind natürlich auch (nicht nur) die im Iran herrschenden Bedingungen, die sie zu diesem unüberlegten Schritt veranlassten. Wenn sie eine offizielle Anfrage für ein Interview gemacht hätten, wären sie doch wohl kaum eingeladen worden. Dass man in diesem Zusammenhang übrigens Frau Ahadi und ihre Truppe ständig erwähnt, wertet sie doch bloß auf. Das hat sie m. Meinung nach nicht verdient. Ich weiß, dass Iran auf die Rechtslage pochen kann und das Strafgesetzbuch bis zum geht nicht mehr ausdehnen könnte, aber ein generöses Verhalten, das dann eine schnelle Freilassung zur Folge haben könnte, wäre wie gesagt für Iran doch auch kein Zusammenbruch. Vielleicht gewährt ja der Präsident den beiden zum Abschluss noch ein kurzes Interview...

RA29-01-11

"Insofern dürfte es Beobachter nicht überraschen, dass die iranische Justiz die Reporter nicht ohne weiteres kurzfristig freilässt, sondern ein Exempel statuieren möchte, wie mit Kollaborateuren umgegangen wird. "

Ob das klug ist, ist wieder eine andere Sache. In der Regel denkt und verhält sich die Regierung bei solchen Vorfällen flexibler als die iranische Justiz, weil Ersterer immer ein Grundinteresse an guten außenpolitischen Beziehungen hat, wohingegen die Justiz nicht unbedingt in der Außenpolitik involviert ist.





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