21.11.2014 Jo Biddle

US-Bischöfe: Iran-Verhandlungen sollten die Fatwas gegen Atomwaffen berücksichtigen


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Die Delegation der US-amerikanischen Bischofskonferenz bei einem schiitischen Würdenträger in der heiligen Stadt Qom.

Knapp ein Monat vor der Deadline für ein Atomabkommen mit Iran ermahnen US-katholische Bischöfe die Unterhändler, die Macht von Fatwas von islamischen Gelehrten für ein Verbot von Atomwaffen nicht zu unterschätzen.

Es war ein bahnbrechender Besuch in Iran, als eine sechsköpfige Delegation der US-amerikanischen Bischofskonferenz (USCCB) im April in die heilige Stadt Qom reisten - in der Absicht, die führenden schiitischen Gelehrten zu besuchen und die Kluft zwischen Iran und dem Westen zu überbrücken.

„Iraner fühlen sich von Amerika und dem Westen zutiefst missverstanden“, sagte Bischof Richard Pates, der Vorsitzende des USCCB-Ausschusses für internationale Gerechtigkeit und Frieden, der am Mittwoch öffentlich über die Reise sprach.

Während der Westen versucht, einen Deal auszuhandeln und bis zum 24. November das umstrittene Atomprogramm Irans einzuschränken, argumentiert die USCCB-Delegation, dass Washington insbesondere der iranischen Versicherung mehr Rechnung tragen sollte, die besagt, dass die Lagerung und der Einsatz von Atomwaffen gegen die Grundprinzipien des schiitischen Islams wären.

Iranische Führer sagen, das religiös-politische Staatsoberhaupt, Ayatollah Ali Khamenei, habe eine Fatwa gegen Atomwaffen im Jahr 2003 ausgesprochen und dies mehrmals seitdem bekräftigt und wiederholt.

Die Fatwa scheint zwar nicht niedergeschrieben worden zu sein, aber die iranischen Religionsführer berichteten der Bischofsdelegation, dies sei „eine Angelegenheit, die in der Öffentlichkeit registriert wurde und in hohem Ausmaß unter schiitischen Gelehrten und Iranern allgemein Beachtung geschenkt wurde“, sagte Pates.

In ihren Gesprächen versicherten die iranischen Führer der Delegation, dass Atomwaffen „unmoralisch seien, und zwar wegen ihrer willkürlichen Natur und ihrer mächtigen Kraft der Zerstörung aller Arten von unschuldigen Wesen“. Dies teilte Pates der „Carnegie Endowment for International Peace“ mit.

Teheran bestreitet regelmäßig, dass es danach strebt, die Atombombe zu entwickeln und sagt, dass das Nuklearprogramm nur für zivile Energiegewinnung gedacht sei.

Jedoch ist der Westen und die als P5+1 bekannte Gruppe nach wie vor zutiefst skeptisch, mit der Begründung, dass die Islamische Republik „nachprüfbare Maßnahmen“ ergreifen müsse, um der Welt zu zeigen, dass ihr Programm nur friedlichen Zwecken diene.

Politische Kultur

„Ich würde behaupten, dass wir den Einfluss der Religion als Motivation und Kriterium zu unserem Nachteil ignorieren“, sagte Stephen Colecchi, ein führender USCCB-Funktionär.

Er sagte, dass er nicht glaube, dass das US-Außenministerium ernsthaft die religiös begründeten iranischen Einwände gegen die Massenvernichtungswaffen als Teil der Verhandlungen berücksichtigt würden.

„Iran hat eine sehr, sehr religiöse Kultur, aber auch eine sehr moderne Kultur. Und Iran ist nicht nur wie die Karikatur einer fanatischen Religion, die wir zu oft zu sehen bekommen... und die Fatwa muss unter diesem Licht betrachtet werden.“

Bei den laufenden Atomverhandlungen hat die Fatwa „nicht die gesamte Relevanz, dennoch hat sie eine gewisse Bedeutung", erörterte Colecchi, und er sagte weiter, sie würde „eindringlich gelehrt und verteidigt in Iran“.

„Und die Möglichkeit der Änderung der Fatwa über Nacht gebe es nicht. Dies ist das, was von Diplomaten berücksichtigt werden sollte… es würde die ganze Lehrautorität ihres Systems untergraben.“

„Es ist für einen Katholiken undenkbar, dass der Papst so etwas tun würde, und es ist ebenso undenkbar für sie, dass ein Ayatollah oder ein religiös-politisches Oberhaupt so etwas tun würde“, fügte Colecchi hinzu.

Der Akademiker und Experte von der Universität Maryland, Ebrahim Mohseni, sagte, dass eine aktuelle Studie ergab, dass rund 65 Prozent der Iraner glaubten, dass die Herstellung von Atomwaffen gegen den Islam ist.

Technische Experten der G5+1, das heißt von Großbritannien, China, Frankreich, Russland, den Vereinigten Staaten sowie Deutschland und Iran trafen sich weiterhin am Mittwoch, um einen Deal bis vor der sich anbahnenden Deadline am 24. November auszuhandeln.

Bisher ist noch kein Termin für die nächste Runde der Gespräche auf hoher Ebene festgelegt worden.

US-Außenminister John Kerry empfing unterdessen die EU-Außenbeauftragte Cathy Ashton , die nach den Gesprächen mit Iran als Verhandlungsführerin der G5+1 ausscheiden wird, am späten Mittwoch zum Abendessen, um sich für „ihre Führung“ zu bedanken, berichtete die Sprecherin des Außenministeriums, Jen Psaki.

„Es ist kein Arbeitsessen, aber wir würden sicherlich nicht überrascht sein, falls das Thema Iran diskutiert werden würde.“


Erstmals veröffentlicht am 29. Oktober 2014 bei AFP. Übersetzt von Pourya Nabipour.


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Observer21-11-14

Schon merkwürdig, dass die westliche Presse jeglichen vermeintlichen "Todesfatwa" ausschlachtet, aber sich über solche friedensstiftende Fatwas ausschweigt.

Anonym23-11-14

So ein Vorschlag kann auch nur von Geistlichen kommen, die keine Ahnung von Iran haben.
Ersteinmal die "Fatwas" werden im Iran von den Meschen mehrheitlich ignoriert. Ferner sind die Fatwas nicht immer dauerhaft. Mullah khomeini hat mehrer Fatwas erlassen und nach Belieben wieder kassiert.
Khomeini befand in einer Fatwa, dass Musik haram sei, später nahm er diese Fatwa zurück und Musik war eingeschränkt wieder erlaubt.
Schach war Vorboten per Fatwa dann wieder erlaubt und viele weitere Beispiele. Fatwas, dass ich nicht lache.

Le Mec23-11-14

Meiner Meinung nach sollte es einen verstärkten religiösen Dialog zwischen genau jenen Geistlichen der islamischen und der westlichen Welt geben, die sich auf die eine oder andere Art den Rationalismus auf die Fahnen geschrieben haben. Dafür sind die iranischen Muslime, soweit ich das sehe, bereits theologisch prädestiniert. Abgesehen von ein paar wenigen "Akhbari-Schiiten" und noch weniger "durchgeknallten" Salafiten, folgt die Mehrheit der Iraner einem rational orientiertem Islam. Ich denke, da lassen sich genügend Pendants zu in der christlichen und auch jüdischen Welt finden.

Im Übrigen stimme ich "Observer" zu. Jeder Pubs eines Talibans wird medial ausgeschlachtet, während die Friedenssignale fast jeden Muslims gerne überhört werden.

SA25-11-14

@Anonym

Der Vergleich hinkt.

Musik war in jener Zeit verboten, weil sie gemäß dem Brauch mit moralischen Ausschweifungen begleitet war. Das Verbot betraf demnach die moralische Ausschweifung, nicht aber die Musik an sich. Heute hört man Musik, ohne dass es bspw. zu einer Tanzveranstaltung zwischen Männer und Frauen führt. Demnach ist die Musik an sich nicht mehr verboten.

Ähnlich verhält es sich mit Schach spielen. Zu jener Zeit war das Spiel verboten, weil es nach dem hiesigen Brauch als Glücksspiel wahrgenommen wurde. Heute gilt Schach aber als ein Sportspiel, demnach ist es erlaubt.

Die Fatwa über den Verbot von Atomwaffen aber gehört nicht zu den wenigen variablen Fatwas, die entsprechend der Umstände modifiziert werden können. Denn das Wesen, die Auswirkung und Klassifizierung von Atomwaffen ändert sich nie. Atomwaffen können nie unschuldige Menschen von Kämpfern unterscheiden, sonst wären sie keine Atomwaffen. In Wirklichkeit ist das Ziel von Atomwaffen sogar gezielt unschuldige Menschen und die Umwelt zu zerstören. Demnach werden Atomwaffen immer verboten sein.





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