27.01.2014 David Rohde

Die Iran-Politik als Opfer des US-Kongresses


US-Senator Mark Kirk wettert gegen das Interimsabkommen mit einem Zitat des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu.

US-Senator Mark Kirk wettert gegen das Interimsabkommen mit u. a. einem Zitat des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu.

Es wird zunehmend deutlich, dass das Herzstück der Außenpolitik der zweiten Amtsperiode des Präsidenten Barack Obama - zufällig oder gewollt - ein Atomabkommen mit Iran ist. Ob Obama das gelingen wird, hängt indessen vom Kongress ab, ob dieser den Verhandlungen freien Lauf lässt.

In den letzten Wochen haben sich 16 demokratische Senatoren für einen Gesetzentwurf stark gemacht, der weitere Sanktionen gegen das iranische Atomprogramm vorsehen würde. Sie haben sich über die intensive Kampagne des Weißen Hauses hinweggesetzt, die die Formulierung neuer Konditionen zu jedwedem Abkommen durch den Kongress verhindern soll.

In dieser Hinsicht ist Obama das Opfer eines zunehmend verängstigen Washingtons - wo sich Mitglieder seiner eigenen Partei von ihm aus politischem Kalkül distanzieren. Gleichzeitig ist das Weiße Haus auch ein Opfer seiner zuweilen unberechenbaren Reaktionen auf Ereignisse im Nahen Osten.

In den letzten sechs Jahren hat Obama wiederholt erklärt, dass er nicht will, dass sich die Vereinigten Staaten in einen weiteren Konflikt im Nahen Osten verwickeln. Infolgedessen stellen Verbündete und Feinde im In- und Ausland - angefangen bei US-Kongressmitgliedern bis hin zu israelischen und iranischen Falken – sein Bekenntnis in Frage, im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen Gewalt gegen Iran anzuwenden.

Experten warnen, dass viel auf dem Spiel steht. Politischer Opportunismus, maximalistische Positionen und widersprüchliche Signale könnten ein Eigenleben entwickeln, das die Gespräche scheitern lässt und ungewollt militärische Aktionen auslöst.

George Perkovich, Leiter des „Nuclear Policy Program“ beim „Carnegie Endowment for International Peace“, kritisierte scharf die Unterstützung des Kongresses für den außenpolitischen Gesetzesentwurf. Er warf den Senatoren Robert Menendez (Demokrat aus New Jersey), Charles Schumer (Demokrat aus New York) und Mark Kirk (Republikaner aus Illinois) rücksichtlose Effekthascherei vor.

"Die Menendez-Kirk-Schumer-Gesetzesentwurf mag politisch zweckmäßig sein", schrieb Perkovich, "aber er ist auch völlig unnötig und gefährlich".

Ein Großteil der politischen Manöver der Demokraten ist althergebrachte politische Selbstdarstellung. All die Amtsinhaber der Demokraten, die den Sanktionsgesetzentwurf jetzt unterstützen, erklärte am Dienstag David Weigel in Slate, stehen vor harten Schlachten um ihre Wiederwahl. Das Abweisen der Forderungen der „American Israel Public Affairs Committee“, den Sanktionsgesetzentwurf zu unterstützen, könnte sie angreifbar gegenüber Vorwürfen machen, sie würden vor Iran kapitulieren. Bislang unterstützen die Demokraten, die nicht um ihre Wiederwahl bangen müssen - darunter die Senatoren Tim Kaine (Demokrat aus Virginia) und Chris Murphy (Demokrat aus Connecticut) - die Gesetzesvorlage nicht.

Zukünftige Ambitionen spielen ebenfalls eine Rolle. Schumer, der seine Wiederwahl in New York sicher hat, versucht den Senator Harry Reid (Demokrat aus Nevada) als Mehrheitsführer abzulösen. Sein Hauptrivale um dieses Amt, Senator Dick Durban (Demokrat), ist die Regierung am unterstützen und war dienstälterer Senator aus Illinois, als Obama dienstjüngerer Senator war.

Demokraten, die die neue Vorlage für Sanktionen unterstützen, begründen dies damit, dass Obama dadurch einen stärkeren Hebel in den Gesprächen mit Teheran in die Hand gegeben wird. Aber Perkovich und andere Experten warnen davor, dass die vorgeschlagenen Sanktionen die Gefahr in sich bergen, eine Eskalationsspirale auszulösen.

So wie amerikanische Hardliner mit dem Säbel rasseln, rasseln iranische Hardliner zurück. Falls der Kongress die neue Sanktionsgesetzesvorlage verabschiedet, warnte ein hochrangiger Abgeordneter des iranischen Parlaments, würde sein Land mit der Anreicherung von Uran auf bis zu 60% antworten - ein Niveau, das nahe an dem ist, was für eine Atombombe nötig ist.

Das größte ungelöste Problem - und die größte Schwierigkeit für eine umfassende Lösung - ist, ob Iran irgendeine Urananreicherungskapazität zugesprochen werden darf.

Das Weiße Haus signalisierte, ein streng überwachtes Programm in Iran zu akzeptieren - eines, das nur Uran zu dem Niveau anreichert, das für Energieversorgung und Forschung erforderlich ist.

Der israelische Premierminister Netanjahu und Falken des Kongress argumentieren, dass schärfere Sanktionen das Regime zwingen würden, entweder die Urananreicherung vollends aufzugeben oder es kollabieren lässt.

Reza Marashi, Forschungsdirektor des „National Iranian American Council“, einer Lobbygruppe in Washington D.C., die die Atomgespräche unterstützt, meint, es wäre  politischer Selbstmord für jeden iranischen Offiziellen, eine vollständige Beendigung der Urananreicherung zu akzeptieren. Teherans Hardliner würden diesen vorwerfen, vor den USA und Israel kapituliert zu haben.

"Ich kenne keine iranischen Analysten - außer die sehr rechts außen sind", erzählte mir in einem Telefoninterview am Dienstag Marashi, "die eine Null-Urananreicherung für durchführbar halten."

Ferner hat Obama sich außenpolitische Fehltritte geleistet. Wie ich letzte Woche bereits schrieb, hat die wechselnde Position der Administration im Hinblick auf Syrien - nämlich von Bashar Al-Assad zu verlangen „zu gehen“, bis hin zur Verkündung einer "roten Linie" beim Einsatz von Chemiewaffen, um dann doch vor militärischen Aktionen zurückzuweichen - ihrer Glaubwürdigkeit in dieser Region sehr geschadet.

Perkovich sagte, dass innenpolitische Fehltritte auch eine Rolle gespielt haben. Das Interimsabkommen mit Iran wurde genau zu der Zeit bekannt gegeben, als die Webseite für das Obamacare ihren missglückten Start hinlegte. Die Demokraten im Kongress, die noch vor schwierigen Schlachten um die Wiederwahl stehen, waren der Meinung, dass sie sich einfach nicht auf das Weiße Haus verlassen könnten.

"Der Zeitpunkt war katastrophal (für den Kongress)", erzählte mir Perkovich in einem Telefoninterview am Dienstag, "die müssen sich gedacht haben, dass 'diese Leute völlig inkompetent' sind."

Zudem kommt Obamas Desinteresse - oder seine Unfähigkeit - Beziehungen zu Kongressmitgliedern aufzubauen und zu vertiefen, teuer zu stehen. So heißt es in den neuen Memoiren des ehemaligen Verteidigungsminister Bill Gates "Duty", dass sowohl Obama als auch George W. Bush es verabscheuten, sich mit dem Kongress zu befassen.

"Beide, so denke ich, verabscheuten den Kongress", schreibt Gates, "und ärgerten sich darüber, sich mit ihm auseinandersetzen zu müssen, einschließlich mit den Mitgliedern der eigenen Partei."

Perkovich ist der Meinung, der Kongress sollte den Verhandlungen die Möglichkeit geben, erfolgreich zu sein oder zu scheitern. Ein Abkommen, dass Iran daran hindere, an Waffen zu gelangen, würde den Atomwaffensperrvertrag, der seit 1970 in Kraft ist, stärken und würde die Spannungen in der Region abbauen. Ein völliges Scheitern der Gespräche würde das Nichtverbreitungsregime schwächen und gar einen amerikanisch-israelischen Militärschlag auf Iran auslösen.

Eine entschlossenere Führung von Seiten Obamas und weniger Opportunismus bei den demokratischen Senatoren wird den Nahen Osten nicht auf magische Weise stabilisieren. Aber demokratische Senatoren sollten auch nicht aus politischem Nutzen heraus zum Chaos beitragen.


Erstmals veröffentlicht am 15. Januar 2014 bei Reuters-Blog. Übersetzt von Muhsina Kurratulain.


Alex28-01-14

"Wie amerikanische Hardliner mit dem Säbel rasseln, rasseln iranische Hardliner zurück. Falls der Kongress die neue Sanktionsgesetzesvorlage verabschiedet, warnte ein hochrangiger Abgeordneter des iranischen Parlaments, das wäre gegen das Atomabkommen und sein Land wäre nicht mehr an das Abkommen gebunden und die Urananreicherung sofort auf 60% hochfahren. Ein Niveau, das nahe an dem ist, was für eine Atombombe nötig ist."

Meiner Meinung, „Das Beste, was dem Land passieren könnte“. Das Land würde mit dem Besitz nuklearen Waffen vor den internationalen maliciousen Kriegsverbrecher und Völkerfeinden sicher sein.

Götz30-01-14

Ich muss nicht verstehen was die USA sich für Rechte raus nehmen?

Ein Land das Atombomben hat, Gefangene foltert, gerne den Weltpolizist spielt. Was berechtigt Ihn den Iran so zu Massregeln?

Der Iran macht kompromisse die Gesetzlich gar nicht nötig währen. Läßt seine Atomanlagen über wachen.

Es währe gerecht alle Embargos aus zusetzen. Da von hätten auch andere davon. Z.B. Griechenland der Iran hat angeboten Öl zu liefern und die Zahlungen zu stunden.

Wie währe es mit den Forderungen:
Embargo gegen die USA wegen [...]*

*MODERATION: Bitte bleiben Sie beim Thema des Artikels. Danke sehr.

TE06-02-14

In welchem Sinne sicher sein? Vor militärischen Angriffen? Sind die Iraner jetzt auch schon - ganz ohne Atomwaffen.

Atomwaffen schaden die sicherheitspolitischen Interessen Irans, weil es zu einem Wettrüsten führen könnte und dadurch würde die konventionelle Überlegenheit, die Iran derzeit gegenüber seinen Nachbarländern hat, wettgemacht.





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