06.03.2015 Dr. Fariborz Saremi

Iran: Vom Schurken zum konstruktiven Mitglied der internationalen Gemeinschaft


Mohammad Javad Zarif Ibarahim Jafari Walid Muallem

Die Außenminister von Iran (r.), vom Irak (m.) und von Syrien (l.) in der iranischen Hauptstadt Teheran.

Die drei wichtigsten außenpolitischen Ziele Irans sind das Überleben des Regimes, die nationale Sicherheit und der regionale Einfluss. Die Regierung von Hassan Rohani versucht, die Beziehungen sowohl zum Westen als auch zum Süden zu entspannen. Diese Politik hat ihre historischen Wurzeln in den Präsidentschaften von Rafsandschani und Khatami. Die Politik der jetzigen Regierung ist demnach, den westlichen Zentren in der Atomfrage entgegenzukommen, während der Fokus hinsichtlich des Südens darin liegt, die Staaten des Persischen Golfes zu überzeugen, dass Iran keine Gefahr für sie darstelle.

Die historische Feindschaft zwischen Saudi-Arabien und Iran sitzt tief, und es gibt mehrere strukturelle Hindernisse für eine Annäherung. Diese Hindernisse sind unter anderem die unterschiedlichen Regimetypen und eine starke gegensätzliche Regionalpolitik. Mit unterschiedlicher Intensität waren in den letzten drei Jahrzehnten die Beziehungen zwischen Riad und Teheran von einer Nullsummenmentalität geprägt.

Einige in der politischen Eliten Irans gehen davon aus, dass Saudi-Arabien zu ideologisch motiviert sei, als das es Iran als legitimen Teil der internationalen Gemeinschaft akzeptieren könne. Die Saudis verkennen, dass es eine gewisse Kontinuität im politischen System Iran gebe, die kein Präsident verändern werde. Iran ist aufgrund seiner geographischen Größe, seiner Bevölkerungszahl, seinen enormen Energieressourcen, seiner kulturellen Macht und militärischen Kapazitäten eine schiitische Regionalmacht. Einige Staaten des Golf-Kooperationsrates (GCC) und insbesondere das Königreich Saudi-Arabien nehmen deshalb Iran als eine Bedrohung ihrer traditionellen Ordnung wahr.

Saudi-Arabien und Bahrain lehnen demzufolge die Annäherung an Iran ab, weil sie teilweise befürchten, dass die Islamische Republik Iran die Loyalität ihrer schiitischen Bürger untergraben könnte. Die Annäherung an die Länder am Persischen Golf erfordert andererseits ein sensibles Vorgehen Teherans im Umgang mit der dortigen schiitischen Bevölkerung. Demgegenüber müssen die Staaten am Persischen Golf allerdings realisieren, dass die Feindseligkeiten gegenüber ihren schiitischen Gemeinschaften nur Irans Fähigkeit stärkt, sich in ihre inneren Angelegenheiten einmischen zu können.

Die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den kleineren Golfstaaten und Iran sind hingegen ziemlich vielfältig: Beispielsweise pflegen Kuwait und Iran seit 1991 positive Beziehungen zueinander und sind momentan dabei, ihre wirtschaftlichen Beziehungen auszuweiten. Oman und Katar unterhalten ohnehin traditionell ziemlich gute Beziehungen zu Iran. Während die Vereinigten Arabischen Emirate in der Vergangenheit schwierige Beziehungen mit Iran hatten, vor allem auf Grund des Streits um drei Inseln, verbessert sich nun das Verhältnis zueinander. All dies zeigt, dass Saudi-Arabien vermutlich nicht in der Lage ist, seine eigene Hausmacht bei einer Konfrontation mit einer Regionalmacht wie Iran zusammenzuhalten. Unabhängig davon begrüßten viele GCC-Staaten die Wahl von Rouhani, bleiben aber skeptisch, was die Tiefe der Veränderungen in Teheran, insbesondere in Bezug auf den allumfassenden Einfluss der iranischen Revolutionsgarde (IRGC), angeht.

Irans Rolle in Syrien und im Libanon

Irans Politik gegenüber Syrien wird vor allem von zwei Faktoren bestimmt:

  1. Die Rolle Syriens bei der Stärkung der Hisbollah als Abschreckung gegenüber Israel.
  2. Die Tatsache, dass Syrien Irans einziger loyaler Verbündeter unter den Staaten in der Region ist.

Die iranische Unterstützung für Assad basiert auf pragmatischen Erwägungen und ist kein ideologisches Engagement. Teheran könnte im Gegenzug für ein umfassendes Atomabkommen und die Anerkennung durch den Westen, eine entschiedene und unverzichtbare Macht in der Region zu sein, Assad fallen lassen.

Iran konnte seine Macht im Libanon und in Syrien durch die Hisbollah konsolidieren. Die Hisbollah hat heute eine politische Schlüsselrolle im Libanon inne. Während das aktuelle politische Vakuum im Libanon nicht neu ist, agiert die Hisbollah nun zum ersten Mal unabhängig vom Segen Assads. Das primäre Ziel der Hisbollah ist es, im Libanon an Macht zu gewinnen, für die sie die finanzielle und militärische Unterstützung Irans braucht. Sowohl die Hisbollah als auch Iran fürchten das Erstarken des IS in Syrien und im Irak.

Die USA und Europa sollten Iran den Rahmen zur Verfügung stellen, um von einem potentiellen Störenfried zu einem konstruktiven Mitglied der internationalen Gemeinschaft zu werden. Die Verhandlungen in der Atomkrise könnten vielleicht nicht erfolgreich sein. Aber Iran in den regionalen Beratungen nicht einzubeziehen, wird lediglich dazu beitragen, dass die Krisen fortdauern werden.


Dr. Fariborz Saremi ist Mitglied bei der „International Strategic Studies Association“ (ISSA), eine wichtige Denkfabrik, die weltweit Regierungen in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik berät. Erstmals veröffentlicht am 14. Januar 2015 bei CounterPunch. Übersetzt und redigiert von Thomas Effe.


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Gast06-03-15

Stimmt nicht ganz, Irak ist vermutlich sogar noch ein größerer Verbündeter Irans als Syrien.

Unbekannt06-03-15

Das ist Paradox, was der Autor schreibt, denn in dem Moment, wo Iran Assad fallen lässt, ist Teheran keine „entschiedene und unverzichtbare Macht in der Region“ mehr.

Nein, Iran wird Assad erst fallen, wenn sein Interesse in Syrien bewahrt wird und dieses wird ohnehin bei einer demokratischen Wahl in Syrien der Fall sein – mit oder ohne Sieg Assads.

jakob08-03-15

so lange es die Nachbarn nicht stört, dass in Iran gefoltert, gesteinigt und gehängt wird.

Andreas Lotter06-04-15

@jakob: Weshalb sollte es die Staaten in der Region stören, das in Iran gefoltert, gesteinigt und gehängt wird? Solche Praktiken sind dort in so gut wie allen Staaten vertraute Praxis!





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