25.01.2015 Dr. Robert Kelley

Irans Atomprogramm: Der IAEA steht ein bedeutender Glaubwürdigkeitstest bevor


IAEO Internationalen Atomenergieagentur Atomenergiebehörde Atomenergieorganisation

Führungsebene der IAEA.

Am 11. Dezember bestätigte der Sprecher der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA), dass seine Agentur zumindest zur Zeit nicht daran interessiert ist, eine kürzlich erfolgte Einladung Irans nach Marivan anzunehmen, wie Gareth Porter auf seiner Website Anfang diesen Monats bekanntgab.

Der Sprecher Serge Gas schrieb Reuters in einer E-Mail, die Agentur habe „Iran mehr als einmal klar erklärt, dass das Angebot, Marivan zu besichtigen, nicht hilfreich“ sei, „die besonderen Sorgen bezüglich der Fragen der großangelegten hochexplosiven Experimente anzugehen“. Laut Reuters hat die E-Mail keine weiteren Erklärungen beinhaltet.

Als jemand, der in der Führungsebene für die IAEA gearbeitet und Respekt für deren Aufgabe und engagiertes Personal hat, finde ich diese Aussage und die Entscheidung, Irans Einladung nicht zu akzeptieren, enttäuschend und besorgniserregend.

In einem Spezialbericht von 2011 über die „Mögliche militärische Dimension des iranischen Atomprogramms“ (PMD), der u.a. an das in Washington sitzende „Institut für Wissenschaft und Internationale Sicherheit“ (ISIS) durchsickerte, behauptete die IAEO, dass sie allgemein übereinstimmende „Informationen“ erhalten habe, die besagen, dass „groß angelegte, hochexplosive Experimente“ für die Kernwaffenentwicklung „in der Region von Marivan“ durchgeführt worden seien (s. Paragraph 43 des Anhangs). Die Information, die 1.000 Seiten füllt (s. Paragraph 12), spricht - neben vielen anderen Details - auch über Formen von hemisphärischen Explosionen, faseroptische Sensoren und Schmierbild-Kameras. Tatsächlich ist die Beschreibung der IAEO über die angeblichen Experimente in Marivan eine der detailreichsten im Anhang „Mögliche militärische Dimension des iranischen Atomprogramms“ (PMD).

Der Bericht besagt, dass die Quelle der Information ein nicht genannter „Mitgliedsstaat“ sei und dass mehr als zehn weitere Mitgliedsstaaten ergänzende Informationen beigesteuert hätten (s. Paragraph 13) - darunter „Beschaffungsinformationen, Informationen über die internationalen Reisen der Personen, die an den angeblichen Aktivitäten beteiligt gewesen sein sollen, Finanzunterlagen, Dokumente, die über Gesundheits- und Sicherheitsvereinbarungen Aufschluss geben sollen, und andere Dokumente über die Herstellungstechniken für bestimmte hochexplosive Komponenten“. All diese ergänzenden Informationen „verstärken die Verdachtslage und führen dazu, sie zu untermauern“, so der Bericht.

Der Bericht über die groß angelegten, hochexplosiven Versuche mit hemisphärischen Ausmaß in Marivan ist eine sehr ernstzunehmende Anschuldigung, weil dies nicht nur eine Verletzung der IAEO-Sicherungsabkommens mit Iran wäre, sondern auch ein „Corpus Delicti“, das auf die Existenz eines Atomwaffenprogramms hinweist - wenn die hydrodynamischen Experimente tatsächlich mit Uran durchgeführt worden wären (was jedoch in dem Bericht nicht erwähnt wird). Und während solche Experimente ohne Uran keine Verletzung der Sicherungsabkommen bedeuten, würden sie zweifelsohne die Behauptung von Kritikern unterstützen, dass Iran in der Tat Nuklearwaffen entwickelt.
 
Der IAEA-Bericht und sein Anhang sind nie von der Agentur veröffentlicht worden. Im Gegenteil, den Begriff „Marivan“ sucht man auf der IAEA-Website vergeblich. Nichtsdestotrotz hat niemand die Authentizität der durchgesickerten Version des Berichtes in Frage gestellt, der auch den Abschnitt über „die Region Marivan“ enthält. Seitdem berichten Denkfabriken, NGOs und Medien über die angeblichen Experimente pausenlos, aber sie haben es bisher versäumt, zu erwähnen, dass sie in Marivan stattgefunden hätten.

Wie Gareth Porter berichtet, hat Irans Botschafter bei der IAEA, Reza Najafi, den Gouverneursrat am 21. November informiert, dass Iran bereit sei, der IAEA „einen geleiteten Zutritt“ zur Marivan-Region zu geben, um die Information im Anhang zu verifizieren. Aber die IAEA hat nun die Einladung zurückgewiesen. Wie Reuters bekannt gab „… ist die Hauptpriorität der IAEA für ihre seit langem festgefahrenen Ermittlungen bzgl. Irans Nuklearprogramm ein ganz anderer Standort, nämlich die Militärstützpunkt [sic!] Parchin im Südosten Teherans, wo laut der in Wien sitzenden Agentur andere mit Nuklearmaterial in Verbindung stehende Explosionstests durchgeführt worden sein könnten, vermutlich vor einem Jahrzehnt.“

Ich habe in einem früheren Artikel ziemlich ausführlich die vielen Gründe angeführt, warum ich es für völlig unwahrscheinlich halte, dass die Gebäude, die die IAEO in Parchin (das im eigentlichen Sinn gar kein Stützpunkt ist, sondern vielmehr eine weitläufige Anlage militärischer Fabriken) zu besichtigen ersucht, ein Standort für sensible nuklearwaffenbezogene Tests sein könnte. Darüber hinaus ist die Anlage nicht geeignet, die in dem IAEO-Bericht genannten Größenordnung der vermeintlichen Experimente in Marivan standzuhalten. Die Parchin-Anlage wurde angeblich gebaut, um dort Uran und hochexplosive Experimente in wesentlich kleinerer Form durchzuführen. Das Beharren der IAEO, Parchin unter diesen Umständen zu besichtigen, ist rätselhaft, um es gelinde auszudrücken. 

Marivan ist aber wichtig. De facto ist es der Lackmustest für die Glaubwürdigkeit des IAEO-Berichts von 2011. Wenn die IAEO detaillierte Kenntnisse über einen Test und dessen Ort zu haben beansprucht, ist es entscheidend, dass sie mit Iran zusammenarbeitet, um die Information zu bestätigen. Wenn sich die Information allerdings als falsch, irrelevant, nicht belangbar oder jenseits des Bereichs der Kompetenz der IAEO herausstellt, dann sollte die Agentur entweder ihren Anhang von 2011 über die „Mögliche militärische Dimension des iranischen Atomprogramms“ (PMD) zurückziehen, oder einen revidierten Bericht herausgeben, nachdem  der Rest des Inhalts einer sorgfältigen Überprüfung unterzogen wurde. Wie bereits oben angemerkt, sind die groß angelegten, hochexplosiven Experimente die detaillierteste Behauptung im PMD-Anhang. Die Behauptungen über die mögliche militärische Dimension (PMD) müssen untersucht und geklärt werden; und der Widerwillen der IAEO, dies zu tun, ist zutiefst beunruhigend.

Marivan ist ferner wichtig, weil - falls der Bericht tatsächlich auf falschen Informationen beruht - es die bereits dünne Begründung, Parchin zu besichtigen, weiter schwächen wird. Diese Besichtigung ist aus meiner Sicht ohnehin abenteuerlich und droht, weit wichtigere Gespräche und Abmachungen bezüglich Irans Nuklearmaterial zu Fall zu bringen. Die starke Seite der Agentur war immer schon die Überwachung und das akribische Protokollieren der Mengen an Nuklearmaterial in den Mitgliedsstaaten, und sie sollte sich wieder auf diese Hauptaufgabe fokussieren.


Dr. Robert Kelley ist ehemaliger Chefinspekteur der IAEA.

Erstmals veröffentlicht am 15. Dezember 2014 bei LobeLog. Übersetzt von Thomas Esseling.


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Hourmazd26-01-15

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