04.04.2014 Shireen T. Hunter

Die Eindämmung Irans hilft Putins Russland


Russland Iran USA Flagge

Russland ist Profiteur der schlechten Beziehungen zwischen dem Westen und Iran.

Nicht lange nach dem Ausbruch der Krim-Krise in der Ukraine stellten sich viele Beobachter die Frage, welche Auswirkungen die neuerlichen Spannungen zwischen Russland und dem Westen auf das Schicksal der laufenden Verhandlungen mit Iran über dessen Atomprogramm haben könnten. Wird Russland Iran ermutigen, sein gegenwärtiges flexibleres Herangehen an die Verhandlungen mit den Staaten der G5+1 (USA, Großbritannien, Frankreich, China, Russland plus Deutschland) zu verhärten und sein Einverständnis mit den Sanktionen gegen Iran zurücknehmen oder sogar Iran finanziell oder militärisch unterstützen, z. B. mit der Lieferung des versprochenen, doch bisher zurückgehaltenen S-300-Luftabwehrsystems oder wird es sogar den fortschrittlicheren Typ S-400 liefern?

Auch andere Fragen sind von Bedeutung. Welche Auswirkungen hat der westliche Umgang mit Iran auf die Möglichkeiten Russlands, insbesondere im Hinblick auf die Ukraine, Druck auszuüben und im Allgemeinen seinen Einfluss in den unabhängigen Staaten der früheren Sowjetunion, einschließlich dem Kaukasus und Zentralasien, zurückzugewinnen? In der Tat hat die westliche Politik der Eindämmung Irans und sein Ausschluss aus zahlreichen regionalen und transnationalen Energie- und anderen Projekten, das russische Vorhaben erleichtert, die eigene Position auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR zu konsolidieren.

Eines der wichtigsten Instrumente, die Russland in seinem Bestreben nutzt, seine frühere Einflusssphäre zurückzugewinnen, sind seine enormen Gas- und Ölreserven. Im Fall der Ukraine, wo Russland den Gashahn auf- und zudreht, um Druck auf Kiew aufzubauen, ist dies ziemlich offensichtlich. Iran besitzt die zweitgrößten Gasreserven nach Russland und hätte für viele Staaten der ehemaligen UdSSR, einschließlich der Ukraine, eine Alternative zu Russland sein können. Doch die westliche Politik hat jegliches ausländisches Investment in Irans Energiesektor sowie die Lieferung von iranischem Öl und Gas über verschiedene Pipelinerouten nach  Europa verhindert und damit dafür gesorgt, dass Russland einen übermäßig großen Anteil am europäischen Energiemarkt erhielt. Iranisches Gas hätte einfach nach Europa, insbesondere in die osteuropäischen Staaten via die Türkei, Bulgarien und anderen Staaten transportiert werden können. Sogar die Ukraine hätte einen Teil ihres Energiebedarfs mit iranischem Gas decken können.

Das Gleiche gilt auch für den Kaukasus. Sowohl Georgien als auch Armenien hatten sich eine engere Zusammenarbeit mit Iran im Energiebereich gewünscht. Aber sie wurden von Seiten des Westens davon abgehalten, und im Falle Armeniens übte auch Russland Druck aus. Das Ergebnis ist ihre größere Anfälligkeit gegenüber russischem Druck.

Mittlerweile ist es für Staaten wie Georgien schwieriger geworden, beispielsweise turkmenisches Gas zu beziehen, weil kein Transit zentralasiatischer Energieträger über Iran erfolgen darf, obwohl es das einzige Land ist, das gemeinsame Grenzen zu diesen Staaten unterhält und einen Zugang zum offenen Meer hat. (Eine Ausnahme bildet lediglich Usbekistan, das allerdings keinen Zugang zum Meer hat.) Ebenso auf anderen Gebieten hat die Ausgrenzung Irans von regionalen Energieprojekten sowie das Verhindern einer Kooperation zwischen den zentralasiatischen und kaukasischen Staaten mit Iran entweder Russland zum Vorteil gereicht oder neue Möglichkeiten für China geschaffen.

Selbst auf den Gebieten der Sicherheitspolitik und der Lösung von Konflikten haben die Ausgrenzung Irans und die Bestärkung anderer Regionalstaaten durch den Westen, eine anti-iranische Politik zu verfolgen, negative Auswirkungen. Dies hat sogar zu neuen Spannungen und Problemen geführt, wie zum Beispiel zwischen Iran und der Republik Aserbaidschan, sowie konfessionellen Spannungen verschärft. So hat die daraus resultierende Feindseligkeit Aserbaidschans gegenüber Iran dazu geführt, dass Aserbaidschan zeitweilig radikale sunnitische Islamisten begünstigte. Infolgedessen steht Aserbaidschan heute vor einem ernsten Salafisten-Problem und die konfessionellen Spannungen im Land nehmen zu.

Die oben beschriebenen Erfahrungen bieten wichtige Lektionen für die Politik des Westens gegenüber Iran und gegenüber den regionalen Angelegenheiten in Zentralasien, dem Kaukasus und Südasien. Die erste Lektion ist, dass eine Politik der Eindämmung nicht an mehreren Fronten möglich ist, zumindest nicht auf lange Sicht. Die USA haben sich 20  Jahre lang bemüht, sowohl Russland als auch Iran in diesen Regionen zu isolieren und Iran an der Interaktion mit diesen Regionen zu hindern, während sie gleichzeitig misstrauisch die chinesischen Fortschritte beäugten.

Eine zweite Lektion ist, dass der Ausschluss iranischen Öls und Gases von den Weltmärkten zwangsläufig auch die Energieoptionen Europas und Zentralasiens beschränkt und beide anfälliger für Druck von Seiten Russlands macht. Auch weil die Ölstaaten des Persischen Golfes - mit Ausnahme von Katar - alle keine Hauptakteure auf dem Gasmarkt sind.

Die letzte und wichtigste Lehre ist die, dass der Westen die Verhandlungen mit Iran zu einem zufriedenstellenden Abschluss im Atomstreit vorantreiben sollte. Daraufhin sollten die Aufhebung der Sanktionen und die Förderung westlicher Energiefirmen bei ihrer Rückkehr nach Iran sowie die Planung neuer Energietransportnetze, die Iran mit einbeziehen, folgen. Auf lange Sicht würde diese Form des Engagements auch zu verbesserten politischen Beziehungen zwischen Iran und dem Westen führen und dies hätte positive Auswirkungen auf die politische Entwicklung Irans und infolgedessen auf die Frage der Menschenrechte und anderer Freiheiten.

In Bezug auf umfassende regionale Sicherheitsfragen sollte der Westen mit Iran Fall zu Fall zusammenarbeiten, wo immer diese westlichen Interessen dient, anstatt alle Aspekte der Beziehungen mit Iran zum Geisel der Palästinenser-Frage zu machen. Wie das Beispiel Afghanistan zeigt - Iran unterstützte das US-Interesse an den Sturz der Taliban, um anschließend als Teil der Achse des Bösen verdammt zu werden - schadet die Isolation und der Ausgrenzung Irans dem Westen mindestens genauso viel wie der Islamischen Republik selbst, falls nicht sogar mehr. Im Moment ist der einzige wahre Gewinner Vladimir Putins Russland.


Erstmals veröffentlicht am 25. März 2014 bei LobeLog. Übersetzt von Ulrike Hintze.


Reza04-04-14

Sorry, ich muss sagen, dass einem die Lust vergeht, wenn man sieht, dass sie für Veröffentlichung der Kommentare sehr lange brauchen. Ich frage mich 10 mal, bevor ich einen Kommentar hinterlasse.

MODERATION: In der Tat ist das ein Defizit, woran wir arbeiten.

Rolf16-04-14

Das ist Blödsinn! Russland hatte keinen Gashahn "nach Belieben" zugedreht, sondern die Ukrainer hatten Gas für Westeuropa abgezapft (gestohlen) und ihre fälligen Rechnungen an Russland nicht bezahlt.





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