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Bereichernde Behinderungen: Probleme und Chancen im Handel mit Iran


Gewandhaus in Braunschweig

Austragungsort der Veranstaltung "Arbeitsfrühstück Iran" im altwürdigen Gewandhaus, das unter Denkmalschutz steht.

Sanktionen, Embargos und ein katastrophales Image: Der Handel mit und in Iran stellt deutsche Unternehmen vor große Probleme. Über die Möglichkeiten, die das Land trotz alledem für Geschäfte bietet, diskutierten Wirtschaftsexperten in Braunschweig. Ihr Resümee: Die Hürden sind gewaltig. Und genau deshalb sollte man investieren.

Drei blaue Rollstühle. Dazu das Piktogramm eines WCs. Zwei Pfeile, die die Bewegung eines Fahrstuhls symbolisieren sollen. Selten waren die Hinweise auf die Behindertenfreundlichkeit eines Veranstaltungssaales so passend wie am 25. September in den Räumen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig. Denn um Behinderungen ging es beim „Arbeitsfrühstück Iran“, initiiert von dem Braunschweiger Kommunikationsexperten Martin K. Burghartz, einen ganzen Vormittag lang.

Die europäischen Sanktionen, das US-amerikanische Totalembargo und nicht zuletzt das schlechte Image Irans: Die ökonomischen Handikaps einer der größten Volkswirtschaften des Mittleren Osten sind so bekannt wie einschränkend. Weniger bekannt sind hingegen die Möglichkeiten, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Iran für deutsche Unternehmen nach wie vor bietet. Genau über dieses Thema wollten sich Wirtschaftsvertreter in Braunschweig nun gänzlich ohne Behinderungen austauschen. 

Faktisches Totalembargo über den Bankensektor

Den Anfang machte Daniel Bernbeck. Der Geschäftsführer der in Teheran ansässigen Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer (AHK) informierte über die geoökonomischen Rahmenbedingungen Irans. Diese seien nach wie vor günstig: Vom Persischen Golf im Süden bis zum Kaspischen Meer im Norden des Landes erstrecken sich einige der größten Öl- und Gasquellen dieses Planeten. Besonders deutsche Unternehmen seien in Iran beliebt, stünden sie doch – z.B. im Gegensatz zu französischen Firmen - auch für die Transferierung von Know How. Nicht zuletzt biete die Infrastruktur aus Autobahnen, Eisenbahnnetz und Tankerflotten gute Voraussetzungen für Handel und Investitionen in jenem Land, das seit den Zeiten Marco Polos als wirtschaftliche Brücke zwischen Europa und China gilt. In der Tat weise das viel gescholtene Land den größten autarken Industrialisierungsgrad am Persischen Golf und darüber hinaus auf.

Allerdings ein Phänomen der internationalen Wirtschaft, mit dem Marco Polo wahrscheinlich nicht zu kämpfen hatte, stellt sich heute als das größte Hemmnis im Handel mit Iran dar. Nicht die Handelsbeschränkungen durch Europäische Union und USA, sondern das faktische Totalembargo über den Bankensektor erschwere die für den Handel unabdingbaren Geldtransaktionen. 

Da sich trotz intensiver Bemühungen von Seiten der Veranstalter kein Vertreter des Bankensektors dazu äußern wollte, übernahm Anke Phillip von der Firma Kirsch Pharma GmbH aus Salzgitter die Aufgabe, von den Folgen dieser Beschränkungen zu berichten. 

„Sadistische Sanktionen“ bringen Handel bisweilen zum Erliegen

Auch für das Medizintechnikunternehmen Kirsch Pharma erweisen sich die Finanzierungsprobleme als Haupthindernis für den Handel. Seit Jahrzehnten exportiert die Firma medizinische Produkte nach Iran. Doch die Sanktionen von USA und EU, so Phillip, erschwerten nicht nur den Handel, sie brachten ihn sogar beinahe zum Erliegen. 

Das ist ein Problem, auf das erst im August dieses Jahres auch die "Iranische Akademie für medizinische Wissenschaften" aufmerksam machte. Als „sadistisch“ geißelte dessen Präsident, Dr. Alireza Marandi, die Sanktionen im Medizinsektor. In einem Brief an den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wies er auf den akuten Mangel an Medikamenten hin, der schließlich für „Kinder und Patienten bestimmter Krankheiten“ bis zum Tod führe.

Zumindest etwas Hoffnung auf eine sich verbessernde Versorgung sowie bessere Geschäfte konnte Phillip machen. Denn zuletzt seien die Umsätze wieder gestiegen. Der Grund: Unternehmen lernten besser, mit den Sanktionen umzugehen. Ihr Fazit fiel deshalb verhalten positiv aus: „Trotz aller Widrigkeiten kann man das Geschäft ausbauen, wenn man sich entsprechend engagiert.“

Iranhandel zum Selbermachen

Praktische Tipps, wie sich solch ein Engagement letztendlich auch positiv in der Unternehmensbilanz bemerkbar macht, bot Mark-André Delph. Nach einer Zusammenfassung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der politischen Entscheidungen, die zu den aktuellen Sanktionen führten, fasste der Rechtsanwalt aus Hannover zusammen, worauf Unternehmen bei der Vermeidung von Handelsnachteilen besonders zu achten haben: So seien neben Rüstungsgütern und polizeilich verwendbaren Gütern auch Edelmetalle, Banknoten und Diamanten vom Handel ausgeschlossen.

Wie detailliert die Bestimmungen der einzelnen Sanktionsverordnungen sind, zeigt sich selbst bei einfachen Überweisungen. So sei schon bei Beiträgen ab 10.000 Euro die Deutsche Bundesbank zu informieren. Übersteigt die Transaktionssumme 40.000 Euro, so Delph, sei jeweils eine Genehmigung des obersten Geldinstituts notwendig. Erlaubnisse für sämtliche In- und Exporte sind in einem komplizierten Genehmigungsprozess - beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) - einzuholen. Hierzu gehört auch eine Anforderung, die Unternehmen in ihrer sonstigen Handelstätigkeit wohl selten begegnet: Eine umfassende Darlegung darüber, warum die jeweiligen Güter nicht für das „iranische Nuklear- und Trägerraketenprogramm“ verwendet werden können.

Das US-Embargo greift auch für deutsche Unternehmen

Doch nicht nur die deutsche und europäische Bürokratie ist beim Handel mit Iran zu bewältigen. Das Totalembargo der Vereinigten Staaten macht auch deutschen Unternehmen zu schaffen. So sind von den amerikanischen Sanktionen nicht nur amerikanische Niederlassungen und Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen betroffen, auch rein deutsche Unternehmen könnten dem sogenannten US-Reexportrecht unterliegen.

Dies betrifft generell alle Waren, die amerikanische Komponenten enthalten. Neben Freiheitsstrafen droht dann im schlimmsten Fall der Verlust der Handelserlaubnis in den USA. Vor jedem Handel in und mit Iran, so Delphs Fazit, sollte deshalb immer die ausführliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Wirtschaftssanktionen stehen.

Sind die Sanktionen eine Chance für Iran?

Vor 40 interessierten Zuschauern – etwa fünfmal so viele, wie bei einer ähnlichen Veranstaltungen über Skandinavien einige Tage zuvor - wurde anschließend  noch eine ganz anderen Dimension der Sanktionen deutlich. Als aus dem Publikum, in dem sich auch ein Vertreter eines DAX-Unternehmens befand, gefragt wurde, ob die Handelsbeschränkungen nicht auch eine Chance für das Land sein könnten, unabhängiger von Erdöl und Erdgas zu werden, bestätigte DIHK-Chef Bernbeck diese Vermutung. Schon zu Zeiten des Schah sei dieses Ziel zur offiziellen Politik erklärt worden. Konkrete Schritte wurden allerdings erst Jahrzehnte später unter Mahmud Ahmadinejad eingeleitet. Dazu zählten zum Beispiel die Kürzung von Subventionen und die Einführung von Steuern, wie die der Mehrwertsteuer.

Auch unter dem neu gewählten Präsidenten Hassan Rohani setzt sich diese Politik fort, sodass erneuerbare Energien bereits als Zukunftsmarkt und als Riesenchance für deutsche Unternehmer gelten. Ein in Braunschweig anwesender Wirtschaftsprofessor lobte deshalb auch die Wirtschaftsfreundlichkeit seiner Politik, die sich nicht zuletzt in der Zusammensetzung des iranischen Kabinetts zeige. Die Hoffnung, dass Rohanis versöhnliche Töne gegenüber dem Westen der Beginn eines kommenden Politikwechsels sein könnten, teilten alle Anwesenden.

Bis dahin, auch da waren sich die meisten Anwesenden einig, liegt in der Schwierigkeit des iranischen Marktes die größte Chance für Investitionen. Wie im echten Leben können auch hier Behinderungen eine Bereicherung darstellen: Denn wer jetzt schon im Land Fuß fasst, hat in der Zeit nach den Sanktionen einen enormen Vorsprung.


nima09-10-13

Iran ist eine unglaubliche Wirtschaftsmacht in dieser Region.
Der Iran verfügt über eines der jüngsten Bevölkerungen in der Welt, diese Menschen brauchen und wollen moderne bzw westliche Konsümgüter wie Handys,Computer ect, bloß die das Warenangebot ist wegen den 35 Jahren Imbargo natürlich sehr engeschrenkt.
Sobald sich aber diese Sanktionen verabschieden dürften einige Firmen und Konzerne viel Geld in ihre Taschen stecken, wobei die Unternehmen die in der Sanktionszeit an Irans Seite waren die viel besseren Karetn haben auch laut Aussaage iranischer Politiker, was auch verständlich ist und die anderen die dann erst anklopfen werden werden warscheinlich vom Iran "Sanktioniert" werden.

Homayoun H.09-10-13

Die Einschätzung von Nima bezüglich starker Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Deutschen Unternehmen in einer möglichen sanktionsfreien Zeit in der Zukunft, basierend auf ihr Verhalten während der Zeit der Sanktionen, teile ich nicht.

Der Iran (sowohl die Politik als auch die Wirtschaft) hat Verständnis für deutsche Unternehmen die ihre Geschäfte zeitweilig entweder komplett eingestellt bzw. stark zurückgefahren haben. Denn man weiss um den direkten und indirekten Druck welches auf sie ausgeübt wird und sie meist zu diesen Entscheidungen (die sie eigentlich nicht wollen), zwingt. Die Iraner betrachten die Angelegenheit nüchtern und verstehen dass deutsche Firmen es einfach nicht riskieren können es sich mit USA zu verscherzen, da bei den meisten deutschen Firmen die ihre Waren exportieren, die Hauptaktivität nun einmal in USA zu finden ist und deshalb allein aus wirtschaftlicher Sicht ihre Entscheidungen nachvollziehbar sind. Wichtig für die Iraner ist vielmehr die Entscheidungen und das Verhalten der deutschen Politik als Ganzes sich entweder ohne Rücksicht auf Verluste auf die israelische Seite (indirekt natürlich USA) zu stellen und sogar in Zeiten wo es unnötig ist und sich eine Besserung der Lage abzeichnet, den verlängerten Arm von Netanyahu in Europa zu spielen, oder ob sie sich endlich für ihre eigenen deutschen Interessen entscheiden und zumindest Die Rahmenbedingungen für eine Verbesserung schaffen.

Homayoun H.09-10-13

Nachtrag: Eine mögliche Bevorzugung (von der Nima sprach) könnte sich also meiner Meinung nach event. auf das gesamte Land auswirken, damit meine ich dass der Iran (Die Politik) event. einfach andere Länder bevorzugt behandeln könnte (diese, die sich 'fairer' und 'vorausschauender' verhalten haben), z.B. durch bessere Rahmenbedingung, Handelsgesetze, staatliche Auftragsvergabe, usw. in der Zukunft. 'Made in Germany' ist zwar immer noch hoch im Kurs im Iran, aber schon unter Ahmadinejad und schon unter Sanktionen haben viele asiatische, aber auch andere europäische (osteuropäische, und teilweise sogar westeuropäische) Konkurrenten den Deutschen die Aufträge 'weggeschnappt', da der Einfluss von USA und Israel hier eben besonders stark und präsent war und ist.

Anonym10-10-13

Irans Wirtschaft krankt nicht nur an den Sanktionen. Bevor die Sanktionen erweitert wurden gab es auch zahlreiche Probleme. Iran ist weltweit an der Spitze in Sachen Korruption und Inflation. Zahlreiche Mullahstiftungen veruntreuen das Geld der Iraner.

Die bezahlten Schläger (Pasdaran) sind laut Aussage Ahmadinejads im Schmuggel involviert.

Ja und Saktionen bieten in der Tat auch Möglichkeiten, für Regimeanhänger wie Babak Sanjani, der 2 Milliarden veruntreut hat.

Jeder der mit Iran handelt, handelt mit den Mullahs, die weite Teile der Wirtschaft kontrollieren, direkt oder indirekt. Jeglicher Handel geht auf Kosten der Menschen des Iran.

Sanktionen werden in Kürze erweitert werden, wenn sich herausstellt, dass der Lakei Khameneis Ruhani nach Mullahsitte lügt.

Hoffe dass politische Sanktionen wegen den Menschenrechtsverbrechen der Mullahs folgen, damit die Totgeburt islamistische Republik endgültig verschwindet.

http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/Steinitz-Iranian-economy-18-months-away-from-collapse-328108

http://didaresabz.wordpress.com/2013/10/07/iran-wir-wissen-doch-wer-die-schmuggler-sind/

http://m.bbc.co.uk/persian/business/2013/10/131005_l45_iran_inflation

http://iranpulse.al-monitor.com/index.php/2013/09/2800/businessman-close-to-ahmadinejad-owes-iran-2-billion/

Schubert17-10-13

@anonym

Die Economics Intelligence Unit prognostizierte vor den Sanktionen, dass Irans BIP innerhalb von fünf Jahren verdoppelt werden würde. Sie scheinen derselbe Herr Anonym zu sein, dem ich vor nicht so langer Zeit bei den Kommentaren im Artikel „Irans Position wird stärker während die USA im Niedergang begriffen sind“ in der Kommentarfunktion Statistiken bezüglich der iranischen Wirtschaft hatte zukommen lassen. Leider sprachen Sie von statistischen Verfälschungen der Mullahs, obwohl die Statistiken vom CIA World Fact Book stammen, und darauf sind sie gar nicht mehr eingegangen.

Die Krise ist ein globales Phänomen.
Können Sie auch so leidenschaftlich über den Shutdown sprechen, der gerade die USA lahmlegt? Wie kann es sein, dass eine Weltmacht mit solchen Problem konfrontiert ist, während der Iran es sich nach so vielen Sanktionsverhängungen immer noch leisten kann, auf sein Atomprogramm zu beharren, wenn der Iran im internationalen Vergleich ohne Sanktionen schlecht da stehen würde?

Dass jeglicher Handel auf Kosten der iranischen Menschen geht, verharmlost die Folgen der Sanktionen, die mit dem Einsatz von militärischer Technologie eines gemeinsam haben: Sie töten Menschen, nur klingt es viel diplomatischer.

Ich habe Ihnen doch bereits einen Link bezüglich der Sichtweise des iranischen Volkes geschickt. Wie können Sie einfach ignorieren, dass die Iraner die USA für ihre Misere verantwortlich machen? Hier nochmal: http://www.gallup.com/poll/160358/iranians-feel-bite-sanctions-blame-not-own-leaders.aspx

und nein, es handelt sich auch hier um keine Statistiken des Mullah-Regimes, sondern um das amerikanische Forschungsinstitut GALLUP

Demnach geht jeder weitere Tag mit Sanktionsverhängung auf Kosten der Menschen in Iran.

RobinHood17-10-13

Das erscheint aber sehr widersprüchlich, ausgerechnet auf die Aussagen Ahmadinedschads hinzuweisen, wenn man ihn doch sonst immer als Lügner hinstellt?

Außerdem hat Ahmadinedschad nie gesagt, dass die Pasdaran in Schmuggel involviert sind. Man hat seine Worte nur so ausgelegt.

Halter17-10-13

Eine Totgeburt sieht anders aus Herr Anonym. Seit 34 Jahren leistet die Islamische Republik einen erfolgreichen Widerstand gegen die Supermacht USA.

Iran ist auf 76. Platz in der HDI-Ranking, also vor NATO-Land Türkei sogar.

http://de.wikipedia.org/wiki/Human_Development_Index





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