Übermittlung Ihrer Stimme...

Bewertungen: 5.8 von 6. 30 Stimme(n). Klicken Sie auf den Bewertungsbalken, um diesen Artikel zu bewerten.
21.05.2012 Nabi Sonboli

Irans Atomprogramm: Die Notwendigkeit zur Deeskalation


Iran, Irak, Krieg, USA

Die Scherben des Irak-Krieges sind noch nicht eingesammelt worden, und schon holen die Neokonservativen zu einem weiteren Krieg gegen Iran aus, argumentiert der iranische Politikwissenschaftler Nabi Sonboli.

Die einflussreiche US-amerikanische Zeitschrift „Foreign Affairs“ veröffentlichte in ihrer ersten Ausgabe 2012 eine Kriegsbotschaft an die Iraner. In dasselbe Horn hatten zuvor bereits Berliner und Londoner Think-Tanks gestoßen. Im Folgenden werde ich als Erstes versuchen, die Gründe für das Scheitern der Politik der Eindämmung und des „zweigleisigen Ansatzes“ (Zuckerbrot und Peitsche) zu behandeln, und anschließend werde ich die Konsequenzen eines Militärschlags benennen, die von den Kriegsbefürwortern vernachlässigt werden. 

Neokonservative Politiker und ihre Unterstützer sagen, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Iran nicht erfolgreich waren und dass das Weiterbestehen der iranischen Hegemonie im Nahen Osten dem Westen teuer zu stehen kommen wird, wenn er Iran nicht angreift. Sie erwähnen den Vertrauensverlust, den die USA im Nahen Osten erfahren haben und dass ihre Interessen dort gefährdet seien. Um die Unkosten zu senken und die Hegemonie wiederherzustellen, empfehlen sie, dass die USA und ihre Verbündeten Irans friedliche Atomeinrichtungen angreifen, bevor die Möglichkeit dazu entfällt. Sie versprechen den Menschen ferner ein besseres und sichereres Leben nach dem Angriff. Das sind ziemlich genau die gleichen Argumente, denen sich die Neocons vor dem Krieg gegen den Irak bedient haben.

Richtigerweise wird von ihnen erwähnt, dass die gegenwärtigen und ehemaligen Ansätze der USA und der EU gescheitert sind. Die Gründe dafür werden jedoch nicht genannt, sie werden möglicherweise nicht einmal verstanden. Dann gibt es noch andere, die auf Eindämmungspolitik, „zweigleisige Ansätze“ und auf ein Mächtegleichgewicht bauen.

Die Politik der Eindämmung

Die Strategie der Eindämmung war der erste Ansatz, den die USA nach der Revolution 1979 gegen Iran eingeschlagen haben und den sie in den letzten drei Jahrzehnten weiterverfolgten. Die EU unterstütze diese Strategie mehr oder weniger. Das Hauptproblem Im Hinblick auf die Eindämmung war, dass ihre Befürworter Iran mit der Sowjetunion verglichen. Die Sowjetunion ist in dieser Hinsicht das einzige vorhandene historische Beispiel für sie, und sie warten auf einen Gorbatschow, der in Iran erscheint und das dortige System auflöst. Der Vergleich hinkt aber aus mehreren Gründen.

Systemtheoretisch betrachtet sind die iranische Gesellschaft und ihr System eher religiös als ideologisch geprägt, ideologische Gruppen sind in der Minderheit. Die Sowjetunion dagegen war ein ideologischer Staat. Mit dem Scheitern der Ideologie griff das System zur Gewalt, und mit ihrer Schwächung fiel das System in sich zusammen. Religion aber ist als ein tief verwurzeltes umfassendes Glaubenssystem keine politische und wirtschaftliche Ideologie. Sie kann man nicht einfach mit anderen Ideologien besiegen. Religion ist seit Jahrhunderten Teil der iranischen Kultur gewesen und wird es auch in der Zukunft bleiben. Es ist absolut falsch, hier große Veränderungen zu erwarten.

Politisch ist das System in Iran nicht verschlossen, wie es in der Sowjetunion der Fall war. Verschiedene politische Gruppen sind in den letzten drei Jahrzehnten an die Macht gekommen, und das wird auch in Zukunft so sein. Das Abstimmungssystem mag seine Probleme haben, aber dennoch hat Iran während der letzten drei Jahrzehnte 30 Wahlen abgehalten, bei denen die Mehrheit der Bevölkerung immer jemanden gefunden hat, den sie wählen kann. Die Hoffnung auf Veränderung durch Wahlen wurde aufrechterhalten. Das ist der Grund, weshalb Kontinuität und Wandel miteinander einhergegangen sind.

Wirtschaftlich gleicht Iran eher einer Freihandelszone. Steuern und Zölle sind nicht hoch und werden auf mehreren Wegen umgangen. Die Regierung sah sich vielen Herausforderungen gegenüber, um entsprechende Regulierungen in Kraft zu setzen. Die Öleinkünfte haben ebenso dazu beigetragen, dass wirtschaftliche Aktivitäten in Iran profitabler waren, als in vielen anderen Ländern. Finanzielle und wirtschaftliche Sanktionen haben zwar Probleme geschaffen, diese waren aber soweit überschaubar.

Global gesehen befindet sich Iran – im Zeitalter der Globalisierung und in einer multipolaren Welt - in einer vorteilhaften strategischen Position. Folglich hat Iran ausreichend Zugang zum Außenhandel und zu ausländischer Technologie, was es dem Westen unmöglich macht, die Eindämmungs- und Sanktionsstrategie auf Iran so anzuwenden, wie sie gegen die ehemalige Sowjetunion angewandt wurde. Iran hat nach und nach seine Macht und seinen Einfluss ausgebaut, und auch die Fehler anderer waren für das Land hilfreich. Das ist der Grund, weshalb die Strategie der Eindämmung seitens der USA und der EU gescheitert ist.

Der „zweigleisige Ansatz“ – sechs Gründe für sein Scheitern

Während der letzten Jahren verfolgten die USA und die EU einen Ansatz gegenüber Iran, der als „zweigleisig“ („Zuckerbrot und Peitsche“) bezeichnet wurde: wirtschaftlicher und politischer Druck einerseits, die 5+1-Verhandlungen andererseits. Aus verschiedenen Gründen ist der Ansatz gescheitert, führte zum momentanen Stillstand und vergrößerte die Diskrepanz zwischen Iran und dem Westen. Erstens stehen die Iraner diesem „Zuckerbrot und Peitschen“-Ansatz negativ gegenüber. Sie betrachten ihn als eine Art demütigendes Verhalten ihnen gegenüber und lehnen ihn reflexartig ab. Zweitens handelt es sich in Wirklichkeit nicht um einen doppelten Ansatz, sondern um einen einfachen. Der Westen hat Iran während den letzten acht Jahre keine wirklichen Anreize geboten. Das, was er Anreize nennt, sind lediglich einige wage gehaltene Versprechen über Möglichkeiten in der Zukunft. Es gibt eine lange Liste von unerfüllten Versprechen und annullierten Verträgen des Westens. Die Iraner sind mit solchen Versprechen sehr vertraut und lassen sich hier nicht täuschen. Darüber hinaus waren, abgesehen von den trivialen Ermutigungen, die Drohungen bei weitem umfangreicher. Das macht Teheran gegenüber den eigentlichen Motivationen des Westens umso misstrauischer. Der Eindruck in Teheran ist, dass die westlichen Länder gar nicht darauf aus sind, Probleme zu lösen. Sie wollen sie in die Länge ziehen und Iran bis zu einem Punkt schwächen, an dem sie dem Land ihren Willen aufzwingen können.

Drittens haben die USA und die EU Iran beständig in Richtung China und Russland gedrängt. Das sorgte für viele Verbindungen zwischen Iran und diesen Ländern. Moskau und Peking sind geradezu besorgt darüber, dass eine Annäherung zwischen Iran und dem Westen stattfinden könnte.

Viertens wird die gegenwärtige Weltordnung nicht länger vom Westen dominiert, und die multipolare Weltordnung liefert Iran mehr politischen und strategischen Handlungsspielraum. In diesem Kontext gesehen ist das Zurückholen Irans in einen vom Westen dominierten Nahen Osten eine falsche Erwartung, auf die die USA und die EU-Länder bauen. Iran liegt in einer strategisch wichtigen Region und hat genügend Asse im Ärmel, um sich mit anderen Welt- und Regionalmächten zu arrangieren.

Fünftens hat das unter Druck setzen und Drängen Irans lediglich diejenigen in Iran untergraben und frustriert, die an bessere Beziehungen mit dem Westen geglaubt haben. Die Mittelschicht war der Hauptverlierer der Sanktionen, und sie sind auch diejenigen, die glauben, dass die Atomenergie ein Recht ihres Landes darstellt. Durch den Ausbau der Sanktionen, mit der Tötung von Wissenschaftlern und durch Sabotage hat der Westen sein Image und seine Glaubwürdigkeit im Land ruiniert. Man hat in politischen Fragen zwar verschiedene Meinungen, aber alle sind gegen Krieg und Verwüstung ihres Heimatlandes. Die militärischen Drohungen der USA, der EU-Länder und Israels haben sowohl nationalistische, als auch islamische Tendenzen gefördert. Diese Meinungen ermutigen das System zum Widerstand und verhindern jedes Zugeständnis der Offiziellen.

Sechstens sind die USA und die EU-Länder aufgrund ihrer Verstrickung in Irak und in Afghanistan gegenüber Iran stark geschwächt worden.

Soweit die Gründe, die für das Scheitern des aktuellen Ansatz der USA und EU verantwortlich sind.

Regionale Hegemonie

Die Befürworter eines Krieges sagen, dass die Interessen der USA und die westliche Hegemonie im Nahen Osten in den letzten Jahren geschwächt worden ist. Das ist richtig. Dennoch wurde beides nicht durch Iran, sondern durch die langjährige Unterstützung korrupter und ineffizienter Diktaturen (und durch die Förderung eines langfristigen Unfriedens dort) untergraben. Der „Arabische Frühling“ ist die Folge der gescheiterten Strategie der USA und der EU, undemokratische Regimes zu unterstützen und anderen aufzuzwingen. Ihr Scheitern in den von den Neocons angezettelten Kriegen war dann der Hauptanlass für den Verlust an Einfluss und an Glaubwürdigkeit.

Die europäischen und US-amerikanischen Neokonservativen bangen um die Grenzen westlicher Handlungsfreiheit. Diese wurden durch die wirtschaftliche Schwäche der USA und der EU, dem fehlenden Vertrauen gegenüber dem Westen in der Bevölkerung des Nahen Ostens, welches auf seine Doppelmoral und dem Verlust einigen Diktatoren während des andauernden „Arabischen Frühlings“ zurückzuführen ist. Sie haben nichts mit dem iranischen Atomprogramm zu tun. Die USA und Israel haben trotz ihrer geballten militärischen und atomaren Macht keine Handlungsfreiheit, und Iran wird mithilfe atomarer Waffen ebenso wenig in der Lage sein, seinen Einfluss in der Region auszubauen.

Militärische Macht verleiht Freiheit zur Zerstörung und nicht Handlungsfreiheit. Wie die Erfahrung in Ostasien ziemlich deutlich zeigt, schränken Regionalmächte die US-amerikanische Zerstörungsfreiheit ein. Iran braucht zur Eindämmung des US-Einflusses aber keine Atomwaffen. Die Widerstandsbewegungen in Irak, Afghanistan, Libanon, Ägypten, Tunesien, Jemen und Bahrain besitzen keine atomare Abschreckungskraft. Die Hisbollah hatte keine Atomwaffen und genoss auch nicht die Unterstützung einer Atommacht während ihres Kriegs mit Israel 2006. Wenn die iranische regionale Machtprojektion die US-amerikanischen und europäischen Interventionen einschränkt und für mehr Vernunft in diesen Ländern sorgt, dann muss sie von der Welt wertgeschätzt werden. Das gilt gerade für die Bevölkerung der westlichen Welt selbst, weil die irrationale Verstrickung der USA und der NATO in die langen Kriegen in Irak und Afghanistan zur Machtübertragung von Westen nach Osten beigetragen und deren weltweiten Verlust an Glaubwürdigkeit und Einfluss mit verursacht haben.

Das Machtvakuum im Nahen Osten und Nordafrika geht auf eine Machtverschiebung von Westen nach Osten und auf das Scheitern der USA in Irak und Afghanistan zurück. Die iranische regionale Machtausübung ist offenkundiger geworden, seit die Veränderungen in seiner Nachbarschaft zugenommen haben. Wirtschaftlich haben asiatische Länder vom Machtvakuum in der Region profitiert. Eine ähnliche Entwicklung findet auch in den südlichen Teilen Europas statt. Ein Krieg mit Iran wird die Positionen der USA und der EU-Länder in diesen Regionen nicht stärken.

Der Nahe Osten und Nordafrika ist facettenreicher als Europa. Die Gesellschaften sind mosaikartig, sie bestehen aus verschiedenen ethnischen, linguistischen, religiösen Gruppen und keine einzige Regionalmacht kann dort Hegemonie beanspruchen. Ein solcher Versuch würde prompten Widerstand auf lokaler, regionaler und globaler Eben bewirken. Diejenigen, die über eine Wiederherstellung von Hegemonie in der Region nachdenken, bürden sich lediglich Mehrkosten auf.

In den Jahren 2000 und 2001 wollten die Neokonservativen in den USA die unipolare Weltordnung ausdehnen. Sie kritisierten die Clinton-Regierung, weil sie die Gelegenheit nicht genutzt hätte. Der 11. September wurde von ihnen als Gelegenheit genutzt, und sie drangen in den Irak und in Afghanistan ein. Und dennoch waren die USA viel schwächer als vorher, als sie das Weiße Haus verließen. Die Hauptgewinner dieser Kriege waren China, Russland, Südkorea, Indien usw.. Es waren die Länder, die am wenigsten am Krieg beteiligt waren.

Infolge der Kriege verbesserte sich die iranische Position. Dennoch hinderten Sanktionen und fehlende Sicherheit in seiner Nachbarschaft Iran daran, seine Macht umfassend auszubauen. Hohe Arbeitslosigkeit, sozioökonomische Probleme oder eine zurückgebliebene industrielle Infrastruktur sind alles kein Ausdruck von Hegemonie. Iran verfolgte in erster Linie eine Widerstandsstrategie. Diese Strategie ist eher defensiv als aufbrausend und hegemonial. Iran war in der Lage, seine Autarkie und Unabhängigkeit in der Selbstverteidigung sowie in einigen wirtschaftlichen und industriellen Sektoren zu steigern. Vergleicht man Irans Militärbudget mit denen seiner Rivalen, zeigt das keine hegemoniale Einstellung. Die iranische Macht geht auf seine geopolitische Position und seine junge Bevölkerung zurück.

Präventivkrieg

Anfangs hatte ich bereits auf Politiker und Think Tanks hingewiesen, die in den letzten Monaten von der Notwendigkeit  eines Präventivschlag gegen Iran sprachen. Das ist genau das gleiche Horn, in das die Neocons bereits 2003 gestoßen haben, um die Leute im Westen für eine Unterstützung des Irak-Kriegs zu gewinnen. Damals waren sie im Vereinigten Königreich und in den USA erfolgreich, scheiterten jedoch in Berlin und Paris. Es scheint, dass sie dieses Mal von Berlin aus angefangen haben. Von denen, die die Invasionen in Irak und Afghanistan unterstützt hatten, wurde erwartet, dass sie für eine bessere und friedlichere Welt für die USA, die EU und die Menschen im Nahen Osten sorgen würden. Die Kriege führten dagegen aber dazu, dass hunderttausende Menschen aus Irak, Afghanistan, den USA usw. ums Leben kamen und kosteten der US- und den EU-Wirtschaften Milliarden von Dollars. Während die Neocons bereits über einen neuen Krieg nachdenken, zahlen diese Länder noch immer den Preis für die Alten.

Aus folgenden Gründen ist ein Militärschlag, wie ihn Kroning und Rid in den anfangs genannten Zeitschriften und Think Tanks gefordert und gefördert haben, die schlechteste Option für die Region, aber auch für den Westen. Kroning und andere Unterstützer eines Kriegs meinen, dass die USA die Spannungen erhöhen, Iran angreifen und anschließend die Spannungen wieder senken können. Man geht davon aus, dass es hier lediglich um ein Problem zwischen Iran und den USA gehen würde und dass die USA dann nach dem Militärschlag rational vorgehen und sich ausrechnen, dass es zu ihrem Gunsten wäre, die Spannungen wieder abzubauen. Seine Argumente und die der anderen, die einen Krieg gegen Iran unterstützen, gründen sich auf viele inkorrekte Annahmen.

Erstens gehen sie davon aus, dass die USA und EU-Länder nicht besonders verwundbar seien. Die Verwundbarkeit der USA und der EU könnte in der Region jedoch ausgeprägter sein als die Irans. Iran hat seine Fähigkeiten in Sachen „Tarnkappentechnologie“ in mehreren Sparten - wie bei seinen Raketen, Flugbooten und Drohnen - ausgebaut. Die Schadensbegrenzung würde den USA und ihren Verbündeten nicht leicht fallen.

Zweitens betrachten Kroenig und andere Krieg als ein rationales Verhalten, das eintritt, wenn anderes rationales Verhalten sein Ende findet. Rationalität kennt aber keine Sackgasse, und Vernunft ist immer ein Problemlöser. Die aktuelle Sackgasse zwischen Iran und dem Westen zeigt geradezu, dass das Verhalten der EU und der USA gegenüber Iran nicht rational ist. Sie fordern von Iran, sich der westlichen Dominanz zu ergeben und Iran weigert sich. Die Aufforderung zur Kapitulation ist eine emotionale und keine vernünftige Forderung. Im Falle eines Kriegs werden Emotionen weitaus ausschlaggebender sein als die Vernunft. Emotionales Verhalten ist nicht vorhersagbar, und es ist schwer, es rational zu analysieren. Die USA haben viele rationale Berechnungen gemacht - bevor sie nach Afghanistan und in den Irak in den Krieg gezogen sind. Diejenigen, die damals diese Präventivkriege analytisch vorbereitet haben, waren weitaus vernünftiger und erfahrener als Kroenig und Rid.

Drittens existieren viele verschiedene Akteure mit verschiedenen Interessen und Sichtweisen - innerhalb Irans und innerhalb der USA. Beide Länder waren in den letzten Jahrzehnten in Kriegen involviert, und beide wissen, dass es schwer ist, einen Konsens zustande zu bringen, wenn es darum geht, einen Krieg zu beenden. Der Prozess der Konsensbildung für eine Deeskalation nimmt Zeit in Anspruch und steigert die Kosten eines laufenden Kriegs.

Viertens werden in obiger Sichtweise Iran und die USA als Hauptakteure betrachtet, während noch viele andere Akteure mit unterschiedlichen Interessen in der Region und weltweit zugegen sind. Einige von ihnen würden sicher von einem Krieg zwischen Iran und den USA profitieren, und Washington und Berlin könnten ihr Eingreifen nicht verhindern. Die Fortführung der Kriege in Irak und Afghanistan zeigt, wie schwierig es ist, verschiedene Akteure zusammenzubekommen und einen Konsens für den Frieden unter ihnen zu schaffen.

Fünftens: Sie führen an, dass die regionalen Verbündeten der Vereinigten Staaten die USA dazu gedrängt hätten, Iran anzugreifen. Das würde heißen, dass sich der Krieg nicht auf Iran und die USA beschränkt und andere Akteure mit einbeziehen würde. Die Akteure mit den Angriffsforderungen an Washington haben ihre eigenen Schwächen und Instabilitäten. Folglich würde die Ausweitung des Krieges (über Iran und die USA hinaus), selbst für eine kurze Zeit, die Verwundbarkeit und die Risse in diesen Regierungen verstärken. Nach dem Krieg würden sie möglicherweise nicht mehr in der Lage sein, westliche Verbündete zu bleiben. Beispielsweise gibt es extremistische Kräfte, die nur auf einen großen Moment der Schwäche in Saudi-Arabien warten. Es handelt sich dabei nicht um iranische Verbündete, aber sie haben ihre eigenen Vorstellungen über die Zukunft, und diese sind nicht mit den Sichtweisen Washingtons oder Berlins vereinbar.

Sechstens liegt die Hauptbedrohung im Nahen Osten für die USA in der dortigen Bevölkerung und nicht im iranischen Staat. Zur Unterdrückung der Bevölkerung und der Ablenkung der Aufmerksamkeit könnten die nahöstlichen Diktaturen daran interessiert sein, einen weiteren Krieg zu starten. Aber ein militärischer Angriff wird die Instabilität und den Krieg in der Region weiter in die Länge ziehen. Die USA bzw. diejenigen, die Washington zu einem Angriff auf Iran drängen, werden mit Sicherheit nicht die Sieger eines solchen Kriegs sein. Die Hauptbedrohung rührt aus der Arbeitslosigkeit, der Instabilität und der Frustration. Krieg wird keinen Beitrag zur Lösung dieser Probleme liefern. Die Lösung ist die Vorbereitung einer friedlichen Umwelt, welche Demokratie und Prosperität fördert.

Siebtens würde die Hinwendung zum Krieg die EU-Nachbarschaft weiter destabilisieren. Sie würde die Probleme, die die EU ohnehin bereits hat - wie illegale Immigration, Drogenschmuggel, Extremismus und Terrorismus - weiter verstärken.

Achtens befinden sich die meisten der Erdölförderanlagen im Kriegsgebiet. Ein Krieg, der sehr wahrscheinlich regional ausgetragen werden würde, würde mit der Zerstörung vieler Erdölanlagen einhergehen, was die Förderkapazitäten stark einschränken würde. Selbst wenn der Krieg innerhalb von Monaten beendet wäre, wären diese Länder nicht in der Lage, ihre Förderkapazitäten innerhalb kurzer Zeit wieder auf das Vorkriegsniveau zu bringen. Das würde der Weltwirtschaft schaden und angesichts der vielen Länder der Welt, die ihre Abhängigkeit vom Öl des Persischen Golfs zu reduzieren versuchen, zur weiteren Verbreitung der Atomtechnologie führen. Atomstrom ist eben nach wie vor eine wichtige Alternative.

Neuntens: Einige Politiker im Westen mögen glauben, dass ein neuer Krieg die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von heimischen Problemen für eine gewisse Zeitspanne ablenken könnte, dass sie dem militärisch-industriellen Komplex   damit Unterstützung liefern würden und dass sie Kapital aus den Staaten des Persischen Golfs und dem Nahen Osten auf die europäischen sowie die US-Finanzmärkte locken  und somit die dortige Wirtschaftssituation verbessern könnten. Das alles könnte passieren, aber im Endeffekt hätten die EU und die USA einen Nahen Osten, den sie nicht wollen: Eine instabile Region, bewaffnet mit der neuesten westlichen Militärausrüstung und dominiert von extremistischen Kräften. Es könnte passieren, dass die EU-Länder und die USA danach nicht mehr stark genug für eine solche Herausforderung sind.

Zehntens hat die aktuelle Debatte um einen Militärschlag gegen Iran möglicherweise einen anderen Hintergrund. Es gibt ein Szenario, das in den letzten sechs Jahren wiederholt durchgespielt wurde: Krieg propagieren, Waffen verkaufen, neue Resolutionen vorbereiten, Verhandlungen beginnen, Verhandlungen zum Scheitern bringen, die Verantwortung für das Scheitern der iranischen Seite zuschieben und Sanktionen verabschieden - bis zur nächsten Runde. Das ist ein Alternativszenario, welches die Neocons in Europa und in den USA verfolgt haben. Aber selbst wenn wir die aktuelle Debatte als psychologische Kriegführung betrachten, so ist sie dennoch sehr kurzsichtig und wird zum dauerhaften Verlust Irans für den Westen führen.

Es gibt eine Reihe von Gründen, die zeigen, dass der Griff zur Gewalt und die Fürsprache für einen Krieg gegen Iran die schlechteste Option für die Region und für den Westen sind. Die heiße Ware, die Kroenig und Co. uns und dem Volk zu präsentieren versuchen, ist zu heiß, um angenommen zu werden.

Regionale Proliferation

Die Verbreitung von Kernwaffen und deren möglicher Einsatz gegen Israel ist eine der Hauptgründe, den die Verfechter des Kriegs heranziehen, um ihre Zuhörerschaft zu überzeugen. Sie nennen Iran ein antisemitisches Land, welches darauf aus sei, die Juden zu vernichten. Juden gehören zu den religiösen Gruppen, die in Iran seit sehr langer Zeit leben. Während dieser Geschichte haben sie dort weitaus weniger Probleme gehabt, als ihre Glaubensgeschwister in Europa und in anderen Teilen der Welt. Selbst heute noch haben die 20.000 Juden in Iran einen Parlamentsabgeordneten, während ein muslimischer Abgeordneter ganze 200.000 zu vertreten hat. Das heißt, dass die Stimmkraft eines Juden in Iran mindestens zehnmal so ausschlaggebend ist wie die eines Muslims. So ein System kann man nicht als ein antisemitisches bezeichnen, welches die Vernichtung des jüdischen Volks anstrebt.

Darüber hinaus ist offensichtlich, dass es kein islamisches Land und keine islamische Gruppierung gibt, die Israel mit Atomwaffen angreifen könnte, selbst wenn sie den Willen und die Möglichkeiten dazu hätten. Israel ist ein winziges Land, in dem mehr als eine halbe Millionen Araber leben. Ein paar Millionen Muslime und Christen leben in der Nachbarschaft. Die Gegner Israels leben so nah an diesem Land, dass der Einsatz einer Atomwaffe gegen Israel einem Selbstmord gleichkommen würde. Im Falle einer atomaren Konfrontation würden die Muslime und die Araber mehr leiden, als die Israelis. Die Menschen und die Regierungen in der Region kennen diese Fakten.

Israel ist ebenso nicht in der Lage, Iran anzugreifen. Mittlerweile ist es aufgrund der andauernden Ereignisse in seiner Nachbarschaft viel verwundbarer geworden. Des Weiteren bestehen für Israel viele andere ungelöste Langzeitbedrohungen und –probleme mit seinen Nachbarn. Die Entscheidungsträger sind weise genug, nicht noch mehr davon zu verursachen, indem sie Iran angreifen. Sie wissen, dass sie sich nicht für immer auf den Westen verlassen können und dass sie letztendlich darüber nachdenken müssen, wie sie in der Region in Frieden leben können. Der Griff zum Krieg macht den Weg zum Frieden für Israel schwieriger.

Wir hören immer wieder, dass andere Länder der Region auf das iranische Atomprogramm mit der Entwicklung eigener Pläne reagieren. Westliche Geheimdienste haben Hintergrundinformationen zu den Atombemühungen regionaler Staaten, und sie wissen ziemlich genau, dass andere Länder bereits früher als Iran damit begonnen hatten. Washington und Berlin kennen die früheren nicht-friedlichen Aktivitäten ihrer Verbündeten und Freunde.

Iran wird nicht von der Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten profitieren und wird auch nicht dazu beitragen. Der Nahe Osten und der Persische Golf verfügen über keine vertrauensbildenden Sicherheitsmechanismen. Die Bildung eines solchen Mechanismus ist notwendig. Statt über einen atomaren Schirm und über die Ausweitung der atomaren Abschreckung auf die Region nachzudenken, sollten die USA und die EU regionale Sicherheits- und Wirtschaftskooperationsmechanismen unterstützen. Iran und die regionalen Länder können bei der Entwicklung eines Mechanismus der Transparenz zusammenarbeiten, um garantiert friedliche atomare Aktivitäten zu betreiben und die Atomwaffenverbreitung in der Region zu verhindern.

Ein Militärschlag gegen Iran wird nicht zu einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten beitragen, sondern eher mehr Länder davon überzeugen, über die Notwendigkeit des Besitzes eines Abschreckungspotenzials nachzudenken. Das wird wiederum zur atomaren Verbreitung in anderen Gegenden der Welt führen, selbst unter US-Verbündeten. Sie werden danach streben, weil sie sich fragen, wie lange sie sich noch auf die USA bezüglich ihrer Sicherheit verlassen können.

 „Mächtegleichgewicht“ ist eine weitere gescheiterte Strategie der Vergangenheit. Washington und London haben schon immer versucht, durch militärische Präsenz und den Aufbau regionaler Akteure ein Mächtegleichgewicht herzustellen. Berlin und Paris haben sich dem seit neuestem angeschlossen. Aufbauend auf diese Strategie haben sie Saddam Hussein während der 80er Jahre unterstützt. Das führte zu Saddams Invasion in Kuwait. Während der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts unterstützten sie die Taliban gegen Iran. Das Ergebnis war der 11. September. Nach dem 11. September versuchten beide - die USA und europäische Länder - ihre Präsenz durch Krieg in die iranische Nachbarschaft zu tragen, insbesondere nach Irak und Afghanistan. Diese Kriege bürdeten der EU- und der US-Wirtschaft Billionen von Dollars an Kosten auf und führten nicht nur zu einer Unterminierung ihres regionalen Einflusses, sondern schwächten auch ihre weltweite Stellung. Um ein Gegengewicht zu Iran herzustellen, haben sie es auch damit versucht, immer mehr Waffen an regionale Diktatoren zu verkaufen. Diese Rüstungsverkäufe und Interventionen haben letztlich die Diktatoren in der Region geschwächt, zum „Arabischen Frühling“ beigetragen und schließlich zum Fall der Diktatoren geführt. Soweit das Ergebnis des Aufbaus eines militärischen Gegengewichts zu Iran.

Wir leben in einer instabilen und unsicheren Region. Atomwaffen und die militärische Aufrüstung werden nicht mehr Sicherheit bringen. Dazu kommt, dass ein weiterer Krieg, den man der Region aufzwingt, mehr und mehr Menschen von der Notwendigkeit eines Abschreckungspotenzials überzeugen würde. Für die Abwendung solcher Entwicklungen ist die Konstruktion eines regionalen Sicherheitsmechanismus die beste Lösung. Die USA sind nicht länger in der Lage, unilateral für die Sicherheit anderer zu sorgen. Statt der Ausweitung des atomaren Schutzschirms und der Wiederherstellung von Dominanz, sollten Washington, Berlin und Brüssel regionale umfassende Sicherheits- und Wirtschaftsmechanismen unterstützen.

Deeskalation

Die Optionen der USA und der EU sind nicht nur ein atomar bewaffneter Iran auf der einen und ein Krieg auf der anderen Seite, so wie die Neokonservativen es fälschlicherweise darstellen. Die Optionen sind eher auf der einen Seite: die Wahl zwischen den ehemaligen sowie den heutigen falschen Ansätzen, welche zum Vertrauensverlust und zum Stillstand geführt haben und evtl. sogar zu noch mehr Instabilität führen werden, und auf der anderen Seite einem neuen Denkansatz für Frieden und Prosperität in der Region und in der Welt. Die Wahl ist eine zwischen Feindschaft und Freundschaft.

Die Herangehensweisen der USA und der EU an Iran sind von neokonservativen Interessen und Ideen dominiert. Sie stehen im Gegensatz zu westlichen Interessen und Werten. Sanktionen, Sabotage und militärische Drohungen bringen keine Demokratie. Sie haben die Mehrheit der Bevölkerung im Westen übergangen, um ihre eigenen Pläne durchzubringen. Könnte die Mehrheit im Westen irrationale Tendenzen eindämmen und Feindseligkeiten gegen Iran verhindern, stünde Iran nicht in Gegnerschaft zum Westen. Iran kann eine Säule der Stabilität und der Demokratie in dieser unstabilen Region werden.

Statt eines Militärschlags ist Deeskalation notwendig. Solange der Krieg wie ein Damoklesschwert über den Köpfen hängt, wird niemand in der Lage sein, seine Gedanken zu äußern und die Gespräche über Kooperation und gemeinsame Interessen sind nutzlos. Nur eine Phase der Entspannung kann eine angemessene Gelegenheit für neue Ideen zur Überwindung der Blockade liefern. Die momentane Blockade wird in den nächsten zwei Jahren fortbestehen. Und aufgrund der Wahlen in den USA, der EU und in Iran wird keiner der Akteure in der Lage sein, irgendwas zu tun. Die, die an der Macht sind, mögen zwar harte Positionen eingenommen haben, aber alle wissen ziemlich genau, dass auch sie gar nicht in der Lage sind, irgendetwas zu tun. Aufgrund der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme kann die Eskalation nicht im Interesse von irgendeinem der involvierten Akteure sein. Und sie wird auch niemandem in seiner Wahlkampagne helfen.

Iran ist keine ideologische Bedrohung wie einst die Sowjetunion, keine militärische Bedrohung wie Russland und keine ökonomische Bedrohung, wie es die aufstrebenden Mächte für den Westen sind. Iran ist eine unabhängige, wachsende Regionalmacht, die sich außerhalb des westlichen Einflussbereiches bewegt. Seit der Revolution 1979 in Iran gehörten die Sowjetunion, die Taliban und Al-Qaida zu den Hauptfeinden des Westens. Die USA und die EU profitierten sehr von der iranischen Opposition gegen diese Kräfte. Iran ist aufgrund der vergangenen und der aktuellen Politik der USA und der EU mit dem Westen unzufrieden. Die Fortführung solcher Politiken wird Iran dem Westen nicht zum Freund machen, egal unter welchem politischen System.

Die iranische Unabhängigkeitsdoktrin rührt aus den historischen Erfahrungen und der geopolitischen Lage. In der Geschichte haben wir stark unter dem Einfluss westlicher Politik gelitten. Warum sollten wir einen pro-westlichen Pfad folgen und deren Hegemonie in der Region akzeptieren? Geopolitisch liegt Iran in einer Region, die wichtig für alle Mächte ist. Das Einnehmen einer unabhängigen Rolle ist etwas, das sich die Iraner schon mindestens seit dem späten 19. Jahrhundert wünschen. Die bestmögliche Position für Iran ist es, ein regionaler, unabhängiger Stabilisator zwischen verschiedenen Akteuren zu sein. Ist Irans Position zwischen der EU und den USA einerseits und China und Russland andererseits momentan nicht ausgeglichen, so liegt das an der unangemessenen Politik, die der Westen verfolgt. Iran hat genug für die Verbesserung der Beziehungen zum Westen getan, dieser hat die iranischen Bemühungen aber kein Stück weit begrüßt. Neue Debatten, die in den NATO-Staaten über einen Angriff auf Iran geführt werden, demonstrieren das Wiedererstarken der Neocons. Während ihre letzten Kriege 2001 und 2003 noch immer nicht vorbei sind, empfehlen sie einen neuen für das Jahr 2012.

Ein iranisches Sprichwort sagt: „Schlaue Feinde sind besser als dumme Freunde“. Die Feinde des Westens sitzen nicht im Albroz-Gebirge (Gebirge bei Teheran). Seine wahren Feinde sind die unklugen Freunde, die die Gesellschaften der USA und der EU und deren Politiker zur Zerstörung anderer sowie zur Schwächung des Westens selbst - durch den Eintritt in einen weiteren unnötigen Krieg - ermutigen wollen. Die Folgen des letzten Kriegs für unsere Länder stehen allen deutlich vor Augen und die Folgen eines weiteren Kriegs werden nicht besser sein.


Von Nabi Sonboli, Politologe an der Teheraner Denkfabrik „Institute for Political and International Studies (IPIS)“. Zurzeit vertritt er das Institut in Berlin.

Vorliegende Analyse basiert weitestgehend auf sein Artikel „Iranian Nuclear Issue: the Necessity of De-escalation“ erschien erstmals auf Englisch in Europe’s World am 6. Januar 2012.


Humanist21-05-12

Wenn der Westen sich sorgen macht, sollten Sie mit diesen albernen Atomvorwürfen aufhören. Wenn der Westen einen demokratischen Wandel unterstützen möchte, sollte er der Zivilbevölkerung helfen und auf die Verbrechen von Khayeyemani und seiner missratenen Zöglinge hinweisen.

(von Moderation chiffriert)21-05-12

Trotz allen Nuklearablenkungen, das wahre Problem der Iraner ist der Mangel an Demokratie und Selbstbestimmung.

MODERATION: Bitte bleiben Sie beim Thema.

Mohsen21-05-12

Eine sehr schöne Analyse.

sarbaze rahbar-basijisupporter22-05-12

Wie ausgewogen und intelligent die iraner an das problem herangehen-bravo! Kein vergleich zu dem hollywoodreifen kriegsgeschrei einiger neokon. Die vernunft und kulturgroesse liegt eindeutig im islamischen denken! Grosses lob an den verfasser des artikels und grosses lob an irananders.de fuer solche beitraege!

Abdullah atTawil22-05-12

Wahrhaftig ein Genuss. Klasse Artikel. "Institute for Political and International Studies", eine Instution, deren Namen man sich merken muss. Vor solchen Denkern hat der Westen Angst. Kein Wunder.

zahra22-05-12

danke irananders für den und auch andere interessante artikel.sie zeigen die rationale denkweise der sog.islamisten in iran auf.es lebe der verstand..aber man muss ihn auch nutzen.
friede

Jahanara22-05-12

Was "islamisches" Denken hervorbringt sehen wir in den Arabischen Staaten, Syrien und Nordafrika

Zu ersteren passt am ehesten das Wort Sattelitenstaaten wobei im Falle Saudi-Arabiens noch der Umstand hinzukommt, dass es sich um ein unglaublich tyrannisches (und nebenbei, lieber basijisupporter, ein sehr shiiten-feindliches) Regime handelt. Die arabische Halbinsel wird mittelfristig von den USA, hochverschuldet, fallen gelassen sobald die letzten Öl-Konzessionen vertraglich gebunden sind. Dann werden die dortigen Machthaber begreifen, dass man nachhaltigen Fortschritt eben nicht mit Öl bezahlen kann.

In Syrien, welches sich eigentlich jahrzehntelang als DAS sicherste Land im Nahen Osten bezeichnen konnte, ist derzeit ein Konglomerat extremistischer Muslime dabei, einen sogar nach westlichen Maßstäben aufgeklärten und liberal gesinnten (jedoch Iran-freundlichen => das ist es was die EU+USA stört) zu entmachten. Parallelen zu Afghanistan (und die Taliban) sind unvermeidbar. Und das sogenannte Islamische denken ist hier auf Seiten der sogenannten "Rebellen" zu verorten, die sich, wie die bereits erwähnten arabischen Golfstaaten, instrumentalisieren lassen und dabei denken die Kontrolle über ihr Handeln behalten zu können.

Und in Nordafrika (arabischer Frühling) sehen wir wie eine sogenannte Twitter-Revolution (ein anderes Wort für US-initiierte Revolution) schlimme Diktatoren gestürzt hat um sie durch noch schlimmere Regime und Oligarchen zu ersetzen.

Was den Iran seit mehr als 5000 Jahren ganz deutlich vom Rest der regional ansässigen Staaten abhebt ist das durch und durch iranische Denken, was auch nach der arabischen Invasion, nicht ausgelöscht werden konnte.
Ansonsten wäre der Iran schon längst engster Alliierter der USA am Golf so wie heute die KSA, die sogar ihre arabischen Brüder in Palestina verstoßen hat (durch die de facto Akzeptanz Israels) um an die großen Deals mit den USA heranzukommen.

Ich entschuldige mich für meine undifferenzierte Ausdrucksweise und möchte klarstellen, dass ich als Kind einer muslimischen Familie nicht gegen den Islam habe und haben kann, aber der Iran hat sich schon immer von seinen Arabischen Nachbarn abgehoben.

PS: Der Artikel ist analytisch und schematisch sehr ansprechend, jedoch lässt er einige wichtige Aspekte unerwähnt, die die Handlungsunfähigkeit der West-Alliierten und den eigentlichen Machtkampf in der Region deutlicher zum Vorschein bringen und somit auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Konfliktes erlauben würde.





* Bitte haben Sie Verständnis, dass die Redaktion Beiträge editiert oder nicht freigibt mit dem Ziel einen moralischen Austausch zu gewährleisten.