Übermittlung Ihrer Stimme...

Bewertungen: 6.0 von 6. 24 Stimme(n). Klicken Sie auf den Bewertungsbalken, um diesen Artikel zu bewerten.
09.06.2011 Sebastian Ehnes

Das Problem (?) Iran und Handlungsalternativen


Mohammad Keiarishi

Mohammad Keiarishi: Iran durch die USA bedroht.

Bei der Tagung „Internationale Krisen und Konflikte: Iran und seine Nachbarn“ von 15.05. - 19.05.2011 in der „Akademie für Politische Bildung Tutzing“ diskutierten Gäste und Referenten einen der aktuell größten geopolitischen Brennpunkte. Namhafte Referenten bearbeiteten an insgesamt vier Tagen ein breites Themenspektrum, eingeladen hatten Akademie-Dozentin Saskia Hieber und Hans-Georg Lambertz von der Bundeszentrale für politische Bildung. So legten unter anderem ihre kontroverse Sicht der Dinge dar: der langjährige Nahost-Korrespondent des ZDF, Ulrich Tilgner; der im Exil lebende iranische Publizist Bahman Nirumand und der ehemalige iranische Generalkonsul in Hamburg, Mohammad Keiarishi.

Die Forderung nach einer differenzierteren Betrachtung des Irans wurde dabei von verschiedenen Seiten laut. Besonders die westlichen Medien hätten Iran als „bad boy in the region“ – wie es Ulrich Tilgner ausdrückt – ins Visier einer einseitigen Berichterstattung genommen. Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern der Region, wie zum Beispiel Saudi-Arabien, würden hingegen kaum thematisiert; ebenso wenig wie die Niederschlagung der Aufstände in Bahrain durch saudische Truppen. Diese Opferrolle versuchte der ehemalige Generalkonsul Keiarishi noch weiter zu stilisieren, denn er verwies auf die geopolitische Bedrohung durch die USA, die in den Nachbarstaaten des Iran stationiert sind.

Auch bei der Diskussion über die Wahlen von 2009 und die anschließenden Proteste der oppositionellen Grünen Bewegung gingen die Meinungen auseinander. Während Publizist Bahman Nirumand von einer eklatanten Wahlfälschung sprach, gab sich Ulrich Tilgner zurückhaltender. Einig war man sich aber darin, dass die Wahlen und die unterstellten Unregelmäßigkeiten nur der Auslöser der Proteste waren, die schließlich brutal niedergeschlagen wurden – und nicht deren Ursache.

Die Herrschaft der Rechtsgelehrten

Die Gäste an der Akademie konnten auch seltene Einblicke in das relativ verschlossene Innenleben des Regimes gewinnen. Demnach gibt es derzeit eine Vielzahl innerer Konflikte bei Klerus und Revolutionsgarden, den „Pasdaran“. Der Theologe und Geisteswissenschaftler Reza Hajatpour erläuterte, wie sich das autoritäre Konzept der „Herrschaft des obersten Rechtsgelehrten“ des Ajatollah Khomeini gebildet hatte. Er wies aber auch auf moderne Islamwissenschaftler und Intellektuelle hin, die Ansätze für eine Modernisierung („Aufklärung“) des Islam zeigen.

Atombombe: Ja, wenn nötig

Das Nuklearprogramm, mit dem Iran in den letzten Jahren vorwiegend Schlagzeilen machte, erklärte Sebastian Harnisch im Detail. Der Heidelberger Professor für Politikwissenschaft stellte die jahrzehntelange Entwicklung dar und analysierte das derzeitige nukleare Potenzial des Landes. Seiner Einschätzung nach verfolgt Iran das Ziel, „virtuelle Nuklearmacht“ zu werden, also alle Komponenten einer nuklearen Bewaffnung bereitzustellen, um die Bombe bei Bedarf kurzfristig bauen und einsetzen zu können. Ulrich Tilgner stimmte zu: Iran arbeite derzeit auf diese Schwellenfähigkeit hin. Letztendlich habe man sich aber noch nicht entschieden, die Atombombe zu bauen. Solange diese Entscheidung nicht gefallen ist – so die Einschätzung von Politikwissenschaftler Harnisch – bleibt Iran Teil des Nichtverbreitungs-Vertrages für Atomwaffen. Die Führung des Landes steht vor der Wahl: Entweder Kontrolle durch die Internationale Atomenergie-Organisation; oder den letzten Rest Glaubwürdigkeit innerhalb der Weltgemeinschaft verspielen.
 
Die Diskussionen waren kontrovers. Dennoch waren sich am Ende alle einig: Nur wer sein Vorurteile gegenüber Iran ablegt, das Land differenziert betrachtet und umdenkt, kann wirkliche Handlungsalternativen schaffen.

© Akademie für Politische Bildung Tutzing 2011

Redaktion: Shayan Arkian/Irananders


Thomas Esseling10-06-11

Insgesamt kein schlechter Artikel, um das Verhalten Irans besser verstehen zu können hätte ich mir aber ein deutlicheren und umfanreicheren Teil über die Politik des Westens gegenüber Iran gewünscht.
Es ist doch so das z.B. das Atommprogramm Irans absolut legitim und legal ist und trotzdem wird Iran mit fadenscheinigen gründen sanktioniert, während z.B. israel illegalerweise Atomwaffen hat und da wird bei einem Staat der völkerrechtswidrige Angriffskriege führt geschwiegen.
Ich teile die Meinung die ja auch andeere Fachleute vertreten, das iran sich nur die Option für den Bau im Notfall offen lässt, schliesslich haben 17 amerikanische Geheimdienste auch zu keiner kritischeren Einschätzung gefunden.
Leider liegt der Iran nur in einer geostrategisch wichtigen region und buckelt nicht vor der imperialistischen Politik des Westens.
Wie Libyen das auch gegen das Völkerrecht bombardiert wird zeigt wird Kooperation mit dem Westen auch nicht belohnt, wenn man sich nicht wirklich fügt, also habe ich Verständnis für ein Regime das sich gegen die regime change Ambitionen der USA absichern will.





* Bitte haben Sie Verständnis, dass die Redaktion Beiträge editiert oder nicht freigibt mit dem Ziel einen moralischen Austausch zu gewährleisten.