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11.03.2011 Nabi Sonboli

Die kommende Ordnung im Nahen Osten


Freitagsgebet in Kairo

Freitagsgebet in Kairo: In den meisten arabischen Ländern diente nicht Facebook, sondern das Freitagsgebet als das größte Mobilisierungsinstrument. Westliche Reporter kennen aber nur Facebook.

Nabi Sonboli ist Wissenschaftler am Institut für Politische und Internationale Studien (IPIS), das 1983 in Teheran gegründet worden ist. Es ist der erste in Iran gegründete Think Tank nach der Islamischen Revolution. Am 20. Februar 2011 erschien auf dem web-basierenden regierungskritischen Forschungszentrum „Iranian Diplomacy“ Sonbolis Artikel „The Emerging Order in the Middle East“. Im Hinblick auf die zahlreichen Diskussionen im Westen über die neue Ordnung im Nahen Osten gibt der Artikel weitgehend die iranische Perspektive dazu wieder. Übersetzt von Shahab Uddin.


The Emerging Order in the Middle East
von Nabi Sonboli

Die alte Ordnung des Nahen Ostens, die auf Diktaturen mit ausländischer Unterstützung basiert, ist am scheitern und ein neuer Naher Osten kommt zum Vorschein. Nun stellt sich die Frage, welche Art von Ordnung zum Vorschein kommen könnte und wem diese neue Ordnung gehören wird. Zumindest einige dieser herausfordernden Debatten erweisen sich im Westen aufgrund von Fehlwahrnehmungen und inkorrekten Annahmen als irreführend. Viele ziehen das Problem "islamischer Tyrannei", der "islamischen Bedrohung" oder des "islamischen Extremismus" dazu heran, um die einst langfristige Unterstützung für Mubarak und weiterer Despoten in der Region zu rechtfertigen. Das Bild, das in den Medien präsentiert wird, versucht die Zuschauer dazu zu bringen, zwischen Extremismus und Diktatur zu entscheiden, obwohl eine demokratische Ordnung im Nahen Osten in der Tat möglich ist.

Die geprägten Begriffe wie etwa "islamische Tyrannei", "islamische Bedrohung" oder "islamischer Extremismus" usw. sind widersprüchlich. Unterdrückung und Tyrannei sind im Islam sogar schlimmer als Atheismus. Seit seinen Anfängen hat sich der Islam für die Beendigung von Tyrannei und Unterdrückung ausgesprochen. Im Heiligen Koran gilt die Unterdrückung eines Volkes als eines der schlimmsten Sünden. Extremismus wird im Islam stark kritisiert und der Islam beschreibt seine Anhänger als moderat. Die wahre Bedeutung des Islams ist Frieden, ohne eine Vermischung mit Bedrohung oder Kriegen. Die widersprüchlichen Phrasen führen die öffentliche Meinung über den Islam und die Muslime in die Irre. Natürlich kann man nicht vernachlässigen, dass es Fehlinterpretationen religiöser Texte gab, die das falsche Verhalten einiger Muslime rechtfertigten. Dies geschah jedoch in allen Glaubenssystemen - sowohl religiös als auch säkular - und das hat nichts mit dem Islam oder den Moslems zu tun. Des Weiteren reizt diese Denkweise die muslimischen Gesellschaften auf eine Art und Weise, die Extremisten wiederum begünstigt.

Als die wahre Sorge der globalen Ordnung erscheint nicht die Tyrannei. Wenn die Unterdrückung die Hauptsorge ist, warum haben die globalen Mächte säkulare Tyrannei so lange unterstützt? In den letzten Dekaden wurden tausende Menschen von säkularen Despoten im Nahen Osten gefangen genommen, gequält und ermordet, ohne dabei auf eine angemessene Kritik der demokratischen Regierungen zu stoßen. Die meisten Besitztümer und das Vermögen der korrupten Diktatoren sind in Europa und in den USA aufzufinden. Die betroffenen Staaten wissen genau, wie korrupt ihre Verbündeten im Nahen Osten sind. Und deshalb ist es unglaubwürdig zu behaupten, dass die aus dem Westen stammenden Entscheidungsträger und die einflussreichen Menschen in diesem Teil der Welt über Tyrannei, Menschenrechte und Korruption besorgt sind.

Diesbezüglich müssen wir differenzieren zwischen der zivilen Gesellschaft und den Regierungen im Westen. Die Gesellschaften des Westens sind absolut gegen Korruption und Unterdrückung, und sie tolerieren solche Erscheinungen in ihrem politischen System nicht. Jedoch haben dies einige Regierungen leider schlichtweg toleriert und als eine Angelegenheit des nationalen Interesses,  der Sicherheit oder des Realismus in anderen Teilen der Welt gerechtfertigt, wohingegen der Durchschnittsbürger im Westen sich nicht über diesen Aspekt des Verhaltens der jeweiligen  Regierung bewusst ist.

In Bezug auf das Verhältnis zwischen Staat und Religion unterscheidet sich der Islam von anderen Glaubensrichtungen, und die historischen Erfahrungen der Menschen sind ebenfalls anders. In islamischen Gesellschaften ist die Religion in vielen Fällen nicht das Problem, sondern die Lösung. Glaubenssysteme sind sehr wichtige interne Mechanismen, die das Verhalten ihrer Anhänger diszipliniert. Der Islam kann beim Kampf gegen Korruption und Unterdrückung, welche die Hauptprobleme des Nahen Ostens und Nordafrikas darstellen, eine wichtige Rolle spielen und auch bei der Prävention dieser Übel hilfreich sein. Dieser Aspekt der Religion wurde vernachlässigt.

Wenn wir uns die menschliche Misere in den letzten hundert Jahren genauer betrachten, dann sehen wir, dass sogar in Anbetracht der fehlerhaften Interpretationen der Religionen die Anzahl derjenigen, die im Namen der Religion gelitten haben, nicht zu vergleichen sind mit denen, die in säkularen Systemen gelitten haben. Die ersten zwei Weltkriege, der Kalte Krieg, die kommunistische Herrschaft und die Diktaturen im Nahen Osten waren nicht religiös orientiert. Warum also sehen wir so viele Angriffe auf die Religion, vor allem auf den Islam? "Iran-Bashing" und "Islam-Bashing" sind nicht der richtige Ansatz, um die Trends im Nahen Osten zu beeinflussen. Die richtige Position ist es, jegliche Art von Tyrannei und Diktatur abzulehnen. Die Menschen streben nach einem besseren Leben und sie haben das Recht, die Art des Systems zu wählen, die eben dies hervorbringt.

Das iranische Beispiel wird momentan am häufigsten kritisiert. Im Gegensatz zu dem, was im Westen wahrgenommen wird, wurde das iranische politische System nach der islamischen Revolution diversifiziert. Verschiedene politische Gruppen sind an die Macht gekommen und haben sie wieder verloren. Niemand im Land leugnet die Existenz einiger Probleme, doch kann Iran nicht verglichen werden mit anderen Ländern der Region. Verschiedene politische Gruppen haben ihre sozialen, politischen und ökonomischen Basen und die gegenseitigen Kontrollen (Anm. d. Übers.: „checks and balances“) haben das System daran gehindert, eine spezifische Richtung einzuschlagen. [1]

In der arabischen Welt waren die Hauptstützen der Diktaturen nicht militärische und geheimdienstliche Instrumente. In diesen Ländern unterscheiden sich die religiösen Strukturen von denen der schiitischen Länder, und der Einfluss des Staates auf die Religion war weitaus größer. Jahrhunderte lang wurde betont, dass die Stabilität sehr wichtig und der Widerstand gegen die Herrscher verboten ist. Aufgrund der unterschiedlichen Interpretationen der religiösen Texte der zwei Hauptdenkschulen des Islams gingen viele davon aus, dass sich die damalige islamische Revolution in Iran nicht auf die arabische Welt ausbreiten würde. Die Schiiten gehören in der islamischen Welt überwiegend zur Minderheit, und der Widerstand gegen die Unterdrücker ist bei ihnen nicht nur religiös erlaubt, sondern auch gängig. Des Weiteren haben sie andere und starke historische Beispiele - wie etwa Imam Hussein, den dritten Imam für die Schiiten - welche die Kultur des Widerstandes gegen illegitime Herrscher ins Leben riefen.

In den arabischen Ländern war dies jedoch anders. Nun haben sie ihr eigenes Beispiel für den Widerstand gegen Diktatoren. Dies ebnet den Weg für weitere Widerstände gegen die Despoten in anderen Ländern und wird zu neuen Interpretationen religiöser Texte einer neuen Generation religiöser Gelehrter und Intellektueller führen. Es ist eine wichtige Entwicklung, die zur Ausbreitung des gegenwärtigen Trends in islamischen Ländern beitragen wird.

Leider sind anti-iranische und anti-islamische Neigungen im Westen viel stärker als die antiwestlichen Neigungen in Iran und im Nahen Osten. Die überwiegende Kritik gegenüber Iran und islamischen Gruppierungen ist in den westlichen Medien simplifiziert, oberflächlich und kontraproduktiv. Beispielsweise haben die westlichen Medien detailreich über den Fall einer Frau berichtet, die beschuldigt wurde, dass sie ihren Ehemann betrogen und ermordet hat, wobei in denselben Medien nichts gefunden werden kann über  tausende unschuldige Opfer in Ägypten, in den palästinensischen Gebieten, im Irak, in Afghanistan etc., über Menschen, die umgebracht, verletzt, gefangen genommen und gequält wurden. Eine Kritik, die Muslime und Iraner gegen sich selbst üben, ist herausfordernder und konstruktiver. Kein Land und keine Kultur ist perfekt, und wir lernen durch konstruktive Kritik. Kritik unterscheidet sich jedoch in jedem Fall von der Benutzung eines Instrumentes, um ein schlechtes Bild eines Landes oder einer Kultur zu präsentieren. Dies nennt man einen "weichen Krieg" (Anm. d. Übers.: „soft war“).

Während des Kalten Krieges griffen die etablierten Medien im Westen ständig den Kommunismus an. Nun greifen sie den Islam und Iran an und belasten sie mit allen möglichen Negativ-Schlagzeilen. Nach der Islamischen Revolution haben die westlichen Medien kaum ein gutes Wort für Iran oder für islamische Gruppen verloren: Was auch immer Iran getan hat oder tut, es ist negativ. In der Zeit, in der Iran mit dem Westen kooperiert hat, wurde er als ein Teil der "Achse des Bösen" bezeichnet. Die Terroristen vom 11. September kommen aus Ländern, die mit den USA verbündet sind, aber Iran wird als der Hauptunterstützer des Terrorismus angesehen. Iran und seine Alliierten werden von Terroristen bedroht, doch gibt es keine Verurteilung aus dem Westen. Die Frage ist, warum sich so ein Land (ein imaginärer Iran)  entwickelt und seinen regionalen Einfluss vergrößert, während die moderaten und friedliebenden säkularen Diktatoren, die von Europa und den USA unterstützt werden, untergehen und die Macht sowie der Einfluss des Westens schrumpft. Von Nordafrika bis Zentralasien hat der Westen keinen demokratischen, vertrauenswürdigen und stabilen Partner.

Islamische Gruppen waren nicht der Feind des Westens. Während sie das Verhalten des Westens gegenüber islamischen Ländern kritisieren, loben sie genauso die Wirtschaft und die sozialen, politischen sowie wissenschaftlichen Errungenschaften des Westens. Einige von ihnen wurden im Westen ausgebildet und nach Möglichkeit schicken die meisten von ihnen ihre Kinder in den Westen, um deren Bildung zu fördern. Diese Tatsachen zeigen, dass es falsch ist, sie als antiwestlich zu betrachten. Hinzu kommt, dass dieses Verhalten zeigt, dass es möglich ist, ein Moslem zu sein und im Westen zu leben, sowie auch mit dem Westen zu kooperieren.

Die Probleme zwischen islamischen Gruppen und westlichen Ländern sind nicht auf die legitimen Interessen und Sorgen Europas und der USA zurückzuführen. In den letzten sechs Dekaden hat der Westen auf nichts anderes geachtet als auf Israel, Öl und Märkte. Die Sicherheit Israels war die höchste Priorität, ohne dem Sicherheitsmangel und den entsprechenden Sorgen anderer Länder Aufmerksamkeit zu schenken. Die USA und die europäischen Mächte haben den Eindruck hinterlassen, dass sie den Nahen Osten als eine zurückgebliebene Nachbarregion sehen, die gut für einen Konkurrenzkampf untereinander und mit anderen globalen Mächten ist, und sie haben Millionen dort lebender  Menschen vollkommen vernachlässigt. In Ägypten haben viele Menschen in Friedhöfen gelebt (Anm. d. Red.: aus Armut), und die Konsulate der demokratischen Nationen waren sich dieser Tatsache und über die dort agierenden korrupten Autoritäten bewusst. Hätten sie den Niedergang des wichtigen Verbündeten Mubarak verhindern wollen, so hätten sie ihm empfehlen können, dass er einige seiner Milliarden Dollar für sein Volk ausgibt. Anstatt islamische Gruppen zu kritisieren, ist es besser, wenn Europa und die USA über sich selbst reflektieren. Die gegenwärtige Hervorhebung einer "islamischen Bedrohung" erweckt in den muslimischen Gesellschaften nur Feindseligkeit.

In Bezug auf den Friedensprozess - der in den letzten zehn Jahren nicht existent war - wurde Mubarak als ein Mensch angesehen, der den Frieden unterstützte. Die Frage ist, wer das Haupthindernis für den Frieden im Nahen Osten war. Wer hat Herrn Rabin (Anm. d. Red.: israelischer Ministerpräsident, der von israelischen Extremisten ermordet wurde) ermordet und zum Scheitern des Friedensprozesses beigetragen? Und wer wandelte diesen Friedensprozess nach dem 11. September in einen Krieg um? Wie die kürzlich veröffentlichten Dokumente von Al-Jazeera zeigen, hat die palästinensische Führung Israel alle möglichen Konzessionen angeboten. Warum ist der Friedensprozess also fehlgeschlagen? Der Grund liegt klar auf der Hand: Einige einflussreiche Gruppen in Israel streben nicht nach Frieden. Nach Mearsheimer und Walt [2] war Israel für den Westen nicht nur ein strategischer Vorteil, sondern auch eine strategische Belastung.

Muslimische Gesellschaften waren nicht antisemitisch, denn wenn sie es gewesen wären, könnten Juden in ihren Ländern nicht seit Jahrhunderten leben. Die Stimmen der Juden in Iran haben ein weitaus größeres Gewicht als die Stimmen der Muslime. [3]. Das negative Image Israels in muslimischen Ländern ist auf das Verhalten dieses Landes zurückzuführen. Ein demokratischer Naher Osten wird diejenigen, die gegen den Frieden sind, zwingen ihr Verhalten zu ändern und die Realitäten in der Region zu akzeptieren. Die Unsicherheit Israels entspringt aus der Besetzung, den expansionistischen Strategien und der starken Tendenz, seinen Willen der Region aufzuzwingen. Israel kann solche Strategien nicht länger verfolgen, und die bedingungslose Unterstützung eines solchen Verhaltens untergräbt die Position des Westens im Nahen Osten.

Die Weltmächte haben den Frieden im Nahen Osten auch nicht unterstützt. Die amerikanische und europäische Unterstützung hat Israel dazu ermutigt, mehr Fehler zu begehen und ihre Position zu schwächen. Das Nahost-Quartett betreibt Konfliktmanagement und keine Konfliktbewältigung. Die Mitglieder des Quartetts haben das arabisch-israelische Problem als eine Art Spielwiese gesehen. Die Hauptspieler und Begünstigten waren die Weltmächte, und die Hauptverlierer die regionalen Länder. Seit dem zweiten Weltkrieg bis heute gab es keine (zumindest ein paar Jahre anhaltende) Periode, in der es in diesem Teil der Welt nicht zu einem Konflikt kam. Die Fortführung dieses großen Spiels in der Region und die verbriefte Situation haben ökonomische, soziale, politische und wissenschaftliche Entwicklungen verhindert. Die Menschen haben gelitten und folglich sind die Intellektuellen, die gebildeten Menschen und die Unternehmer nach Westen und Osten ausgewandert. Was erwartet der Westen von einer solchen Situation, bei deren Erschaffung die USA selbst eine wichtige Rolle gespielt hat?

Das übertriebene Sicherheitsdenken im Nahen Osten geriet zum Vorteil der globalen Mächte, um ihre eigenen Produkte zu verkaufen, insbesondere nutzlose Waffenausrüstung. Allerdings führen die Folgen einer solchen Politik langfristig zu Diktatur, Instabilität, Unterentwicklung, zur Akkumulation von Frustrationen und unbeantworteten Anliegen. Diese Probleme haben sich gegenseitig verstärkt und einen Teufelskreis gebildet. Die Welt kann nun die Konsequenzen daraus beobachten. In Bezug auf die Entwicklung Ägyptens sagte Präsident Obama: "Wir erleben ein geschichtsträchtiges Ereignis", wobei nun die Folgen des Verhaltens der USA und anderer globaler Mächte offenbar geworden sind.

Der Westen muss sein Verhalten gegenüber dieser Region noch einmal überdenken. Beispiele wie der Schah, Mubarak und Ben Ali sind wohl ausreichend, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass das Vertrauen auf Diktatoren nicht Frieden und Stabilität bringen wird. Und die aktuellen Beispiele in Palästina, Irak, Afghanistan und Libanon reichen aus, um zu aufzuzeigen, dass Besatzung, Interventionen, Sanktionen, Isolation und die Etablierung militärischer Basen nicht der beste Beitrag zu Frieden und der Sicherheit im Nahen Osten ist. Solche Maßnahmen haben in den letzten Dekaden nur die Menschenleben gekostet und die Probleme für die Regierungen des Nahen Ostens sowie auch des Westens weiter erschwert.

Die Gesellschaften im Nahen Osten sind überwiegend Gesellschaften, die aus verschiedenen sozialen, politischen, religiösen und ethnischen Gruppen bestehen. Des Weiteren bestehen gewaltige Probleme und die Ressourcen sind nur knapp. Die  lange Zeit unbeantworteten Herausforderungen und die tief verwurzelten Probleme verpflichten alle, mittels Dialog ein System mit einer breiten Basis zu kreieren, wo die verschiedenen Gruppe kooperieren und teilnehmen können, um die Probleme zu lösen. Jeder Ansatz, der Teile der Gesellschaft vernachlässigt, führt zu der Schwächung des ganzen politischen Systems und trägt von Anfang an zum Scheitern bei.

Ausländische Interventionen, die Schwächung der Zivilgesellschaften, das Fehlen einer starken Mittelschicht und ein Monopol finanzieller Ressourcen in der Regierung, können in vielen Fällen den Weg zur Monopolisierung aller Macht durch eine einzelne politische Gruppe ebnen. Um dem vorzubeugen, ist die Verteilung politischer und ökonomischer Strukturen notwendig. Kurzfristig wird es womöglich Hindernisse im Prozess der Entscheidungsfindung geben, jedoch werden mittel- bis langfristig die Stabilisierung und die Effizienz des Systems gefördert. In den letzten Tagen ihrer Herrschaft zeigten die Worte Mubaraks und Ben Alis, dass diejenigen, die die Diktatoren umgeben, ihnen ein rosiges Bild des Landes präsentierten. Bis zu den letzten Tagen ihrer Macht waren sie mit den echten Problemen nicht vertraut gewesen. Eine Verteilung der Machtstrukturen dient als Präventionsmaßnahme für solche Probleme, und es begünstigt sowohl die herrschenden Gruppen als auch das Volk. Außerdem erleichtert es den friedlichen Machtübergang zwischen verschiedenen Parteien.

Der Westen hat die Demokratie so lange unterstützt wie es nötig war, um ihre Interessen zu maximieren. Aber es ist nicht möglich, demokratisch zu sein, und die Interessen fremder Mächte zu maximieren. Die Zukunft der strategischen Interessen von Europa und den USA sind auf der arabischen Straße zu finden, nicht in den korrupten Diktaturen. Diese Regierungen haben ihre Glaubwürdigkeit verloren und sind nicht fähig, eine wahre Reform zu implementieren. Im Nahen Osten sind der Wahlsieg und die Machtübernahme der leichteste Teil der Innenpolitik. Der schwerste Teil besteht darin, die Probleme der Menschen zu lösen. Deshalb ist die Erhöhung der Kapazitäten, die Nutzung des ökonomischen, politischen und intellektuellen Kapitals notwendig, um die Probleme zu lösen. Die internen Zusammenstöße zwischen verschiedenen politischen Gruppen führt zur Erosion der Macht und zum Verlust der Legitimität. Wenn politische Gruppen nicht genügend Kapazitäten besitzen und die verschiedenen Tendenzen nicht zusammenbringen können, um das Problem zu lösen, verlieren sie ihre Macht sehr bald.

Die Zukunft des Nahen Ostens gehört dem Volk, und die kommende Ordnung wird demokratisch sein. Selbstverständlich ist die Mehrheit muslimisch und der Einfluss des Islams auf ihre politische Kultur erklärt sich von selbst. Diejenigen, die  gegenüber ihrem Volk ehrlich waren und bewiesen haben, dass sie dem Volk ein besseres Leben geboten und die legitimen Rechte und Sorgen der Länder in der Region unterstützt haben, sollten über die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten nicht besorgt sein. Allerdings müssen diejenigen, die die Diktaturen, die ökonomischen Sanktionen, militärischen Drohungen und Interventionen gegen die Menschen im Nahen Osten unterstützt haben, ihr Verhalten ändern.

 
[1] Aufgrund starker sozialer und politischer Basen verschiedener Gruppen kann das Problem in Iran nicht auf den Straßen gelöst werden. Die nationale Solidarität und der Konsens sind die beste Lösung für das bestehende Problem und wir sind in der Lage, eine angemessene Situation hervorzubringen, um das zu erreichen. Während den letzten hundert Jahren haben wir mit ausländischen Interventionen schlechte Erfahrungen gemacht und es ist unmöglich, diese Tatsache zu vernachlässigen. Diejenigen, die sich auf die Seite anderer Länder gestellt haben, wie auf die des Irak Saddam Husseins oder auf die Seite der USA, um sich Unterstützung zu sichern, haben die niedrigste Legitimität innerhalb der Gesellschaft und unter den politischen Gruppen.

[2] John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt: „The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy“, gedruckt in den Vereinigten Staaten von Amerika, erste Edition 2007.

[3] Auf 200.000 Menschen in Iran kommt ein Parlamentsabgeordneter, wobei auf 20.000 Juden ein Parlamentsabgeordneter kommt.


Homayoun H.11-03-11

Sehr guter Artikel.
Danke.

Ich habe im Westen bei den Berichterstattungen über die arabischen Aufstände den Eindruck, dass 1) das islamische Element und 2) den indirekten Aufstand gegen die Politik des Westen, der USA und Israels (da gegen ihre Marionetten) , bei all diesen Revolutionen und Aufständen entweder todgeschwiegen wird oder im Falle des islamischen Elements z.B. als eine zu vernachlässigende Kraft (da entweder extremistisch, oder zu wenige Unterstützer oder beides) bei der zukünftigen Gestalltung von Regierungen gezeigt wird. Ich sehe Menschen die "Allaho Akbar" schreien, und im Westen wird vom Wunsch nach demokratischer aber nicht religiöser Führung berichtet. Es werden Interviews mit Minderheiten die anti-islamisch sind geführt, aber keine Interviews mit der überwältigenden Mehrheit der Muslime, in denen man fragt: was will die Mehrheit eigentlich genau?

Irgendwie malt man sich das so zurecht wie man es sehen möchte. Aber was passiert wenn die Realität dann eine Andere sein wird?

p.s.

Bei [3] am Ende des Artikels, sollte es glaube ich "auf 20.000 Juden ein Parlamentsabgeordneter" heissen. "Juden" wurde vergessen.

Le Mec@Homayoun11-03-11

Um Deine letzte Frage zu beantworten brauch man eigentlich nicht viel spekulieren. Hier nochmal die Frage:"Es werden Interviews mit Minderheiten die anti-islamisch sind geführt, aber keine Interviews mit der überwältigenden Mehrheit der Muslime, in denen man fragt: was will die Mehrheit eigentlich genau?"

Man wird ganz einfach auch danach ausschließlich mit den Leuten sprechen, die der eigenen Vorstellung von political correctness entsprechen und diese als repräsentativ für die gesamte Bevölkerung betrachten, so klein diese Gruppe auch sein mag. In anderen Worten: Man wird dort wahrscheinlich den gleichen Umgang pflegen wie auch schon in Iran.

Homayoun H.11-03-11

@LeMec, gesetzt den Fall dass die Menschen in den arabischen Ländern tatsächlich auch Das bekommen was sie möchten (und ihre Revolutionen nicht manipuliert und geklaut werden). Spätestens dann können die Medien im Westen doch nicht das gleiche Spiel dass sie mit Iran und den Grünen spielen, auf all diese Länder übertragen. Da wird es dann z.B. Wahlen geben, mit islamisch geprägten Parteien. Wollen sie dann bei all diesen Ländern wie bei Iran behaupten dass es eine Wahlfälschung gab und die Menschen doch eigentlich alle für nicht islamische oder sekulare Regierungen sind?

Der Westen sollte sich jetzt schon darauf vorbereiten, dass er bald (ob nun gern oder ungern) es mit sehr vielen islamischen Parteien und Regierungen zutun haben wird (wie gesagt falls, FALLS, die Revolutionen hinter der Kulisse nicht doch gekapert werden, und einfach andere Marionetten die alten Herrscher ersetzen und die Menschen betrogen werden).

Ein Libanese14-03-11

Ich denke nicht, dass das Bild durch die westliche Berichterstattung wesentlich verzerrt ist.
Ich glaube einfach, dass die Araber am negativ-Beispiel des Iran gesehen haben, was ein nicht säkularer Staat bedeutet, in der Religion, Ideologie und Politik vermischt werden. Nämlich Unterdrückung, Korruption, Willkür, Monopolisierung der Macht ect. Durch die weltweite Berichterstattung im Zuge der Millionen-Proteste nach der gefälschten Wahl von 2009 haben auch die letzten erkannt, dass Religion allenfalls ein privates "Vergnügen" ist. Durch die hunderfache Tötung, Vergewaltigung und Einsperrung, ausgeführt durch Schläger, Basijis usw. hat das Regime in Tehran sein wahres, hässliches Gesicht gezeigt, und sich somit als alternative Staatsform disqualifiziert. Wenn man zudem bedenkt, dass überwiegend junge Menschen für Perspektive, Entwicklung mehr Freiheiten und Demokratie auf die Strassen gingen, dann ist das gradezu zynisch und menschenverachtend zu behaupten, die Mehrheit wäre für religiöse Führung, Islam oder ähnliche Dinge auf die Strasse gegangen. Als Khamenei verzweifelt versuchte das Aufbegehren der Nordafrikaner als islamisch inspiriert oder mit der Auferstehung der islamischen Welt zu begründen bekam er die richtige Antwort zurück. Selbst die Muslimbrüder ohrfeigten Khamenei mit Ihrer Antwort, er solle sich um seinen Mist kümmern. Noch gravierender äußerte sich der Vater des ägyptischen Aufstands Wael Ghonim, der einen grünen Armband tragend seine und die ägyptische Solidarität mit der Opposition im Iran bekundete. Leider, so scheint es, sind die Cyber Basijis und Ihre Lügen, besonders auf dieser Seite präsent. Für mich ist das ein Vergnügen Ihre albernen und lächerlichen Kommentare zu lesen, aus denen Ihre Angst deutlich hervortritt. Eine begründete Angst, wenn man bedenkt, dass die Menschen im nahen Osten nicht mehr unterjocht werden wollen, und selber Bestimmer ihres lebens sein möchten und nicht weiter bevormundet werden möchten, weder durch selbsternante amerikaunterstützte Könige noch durch einen von russlands Gnaden etablierten zerstörerischen Mullah.

REDAKTION14-03-11

HINWEIS:

Wir weisen daraufhin, dass die Identität der Schreiber uns bekannt sind. Es ist daher nicht möglich mit verschiedene Identitäten zu schreiben. Der Schreiber "Ein Libanese" schrieb zuerst unter "Payam", dann "Basij" und danach "EX-Basij".

Der Aufklärer14-03-11

Liebe Redaktion,

wir sind eine Gruppe ausländischer Studenten, aus Iran, Palästina, Libanon, and andere Nationalitäten, die in der Uni Zugriff auf einen Rechner haben. Ihre Annahme der gleichen Identität ist falsch. Daher bitte ich Sie auch dieses zu veröffentlichen.

Le Mec@Ein Libanese, Payam, Basij, Ex-Basij14-03-11

Was kommt als nächstes? Ein Afghane? Ein Iraker? Ein Israeli?

Aber mal ganz sachlich, Du hast sicher Beweise für die Behauptung die Wahlen in Iran seien gefälscht gewesen? Du kannst sicher auch die Argumente hier gut wiederlegen anstatt nur leere Worthülsen zu liefern: http://irananders.de/fileadmin/pdfs/Die_Inkohaerenz_der_Faelschungsvorwuerfe.pdf

REDAKTION14-03-11

HINWEIS:

Der Verfasser "Ein Libanese" bzw. "Payam" bzw. "Basij" bzw. "EX-Basij" bzw. jetzt "Der Aufklärer" schrieb abermals mit einer falschen Identität und wird daher ausgeschlossen.

Die Angabe, dass alle von einem UNI-Rechner schreiben, ist zudem nicht richtig.

Es besteht an sich kein Hindernis mehrere Identitäten zu verwenden. Problematisch ist es jedoch, wenn man sich bestimmte erfundene Identitäten bedient (wie "EX-Basij" oder "Ein Libanese") um etwas argumentieren oder gar beweisen zu wollen. Unehrliche Diskussionen dieser Art sind gegenüber der Leserschaft und den anderen Diskutanten unfair und irreführend.

Homayoun H.14-03-11

Erst wirft man mit Fälschungsvorwürfen um sich, dann fälscht man selbst am laufenden Band Identitäten.

Ja klar, ein Palästinenser, ein Libanese, ein Ex-Basiji (auch an der Uni?) der kein Deutsch konnte und von seinem iranischen Freund (auch an der Uni ?) Alles übersetzen ließ, schreiben alle vom gleichen Rechner, auf die ein und selbe Seite, zum gleichen Thema, mit dem gleichen Schreibstil und der gleichen Einstellung. Diese außergewöhnliche Truppe möchte ich mal kennenlernen. Studiert Pinnocchio auch an dieser Uni ?

@Ein Libanese16-03-11
Jocke25-10-12

Ein hilfreicher Artikel.
Danke! Auch den Kommentaren.

Freedom19-12-14

Wisst ihr eigentlich etwas von dem was ihr da propagandiert?

die Revolution wurde gestohlen von religiösen Fanatics, mithilfe von den Briten.
Es gab massenhaft Hinrichtungen.
Die Opposition wird wie Hund behandelt.
Es ist ein Regime, gegen das sich die menschen seit bestehen zur Wehr setzen.
Und es wird fallen, denn wir haben 2015 und nicht mehr Mittelalter.

Religion und Politik muss getrennt werden.





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