Übermittlung Ihrer Stimme...

Bewertungen: 5.6 von 6. 12 Stimme(n). Klicken Sie auf den Bewertungsbalken, um diesen Artikel zu bewerten.
15.02.2011 M.D.

Was ist dran an Jafar Panahi und die Berlinale?


Jafar Panahi bei der Berlinale

Im Jahr 2006 gewann Jafar Panahi bei der Berlinale den silbernen Bären für seinen Film „Offside“.

Der Stuhl des iranischen Filmemachers Jafar Panahi bleibt in der Jury auf der diesjährigen Berlinale frei. Im Dezember 2010 wurde Panahi zu sechs Jahren Haft auf Bewährung und 20 Jahren Berufsverbot verurteilt. Das Urteil schließt ein Verbot von Auslandsreisen ein, so dass eine Teilnahme an der Berlinale nicht möglich ist. Laut Medienangaben, erfolgte die Verurteilung wegen der Planung eines Films zu den Unruhen nach den Wahlen 2009. Schon im Jahr 2010 konnte der iranische Regisseur nicht an dem Festival teilnehmen, da er in Untersuchungshaft saß.

Die Organisatoren der Berlinale lassen bewusst seinen Platz in der Reihe der Jury frei, um an das Schicksal Panahis zu erinnern. Auch wird sein preisgekrönter Film „Offside“,  der humorvoll die Situation von iranischen Mädchen beschreibt, die gerne ein Länderspiel ihrer Nationalmannschaft sehen möchten, aber nicht ins Stadion dürfen (das ist in Iran verboten, aber umstritten) gezeigt.

Im Jahr 2000 wurde Jafar Panahi schon einmal international für seinen Film „Der Kreis“ (Goldener Löwe in Cannes) ausgezeichnet. Auch dieser beschäftigte sich kritisch mit der Situation von Frauen in Iran. Im Jahr 2007 wurde der Film vom iranischen Filmmuseum lobend in der Statistik der internationalen Preisträger erwähnt, obwohl der Film in Iran nicht gezeigt werden durfte.

Panahis Verurteilung ist  in den politischen Kreisen Irans umstritten – angeblich stößt das Urteil der institutionell unabhängigen Justiz auch beim Präsident Ahmadinejad auf Ablehnung.

Panahi selbst sieht sich nicht als politischen, sondern als sozialen Filmemacher: "Ich bin ein sozialer Filmemacher. Wenn etwas in einer Gesellschaft unterdrückt wird, wenn es Probleme gibt, taucht das an anderer Stelle wieder auf, und dort filme ich dann." Panahis Rechtsanwältin hat bereits Berufung bei einem höheren Gericht eingereicht.


Homayoun H.15-02-11

Anstatt Panahi zu verhaften, sollten andere Regisseure die anderer Meinung waren/sind auch mehr Dokumentationen und Filme über diese Unruhen/Wahlen usw. machen. Iran muss das Spiel mit Bildern/Videos besser lernen. Es nützt nichts Leute zu verhaften oder andere Propagandafilme dauernd zu analysieren. Heute wird nun auch so Krieg geführt. Siehe den neuesten Müll der Israelis (Iranium). Entweder man lernt es oder man verliert den Krieg. Aber so Jemanden wie Panahi muss Iran aushalten, ohne gleich mit Haft und Berufsverbot zu kommen. Meine Meinung.

Samson15-02-11

Erstmal großes Lob an alle, die an dieser Seite mitarbeiten! Man kann viel lernen über ein bedeutendes Land, das nur sehr, sehr einseitig dargestellt und mit Krieg bedroht wird.

Ich finde vieles, was der Iran macht und seine politische Führung sagt, sehr gut. Die Verurteilung von Panahi kann ich aber nicht nachvollziehen, vorallem die Härte des Urteils. Ich habe seinen Film "Crimson Gold" neulich gesehen und fand ihn sehr gut. Dabei ging es nicht um die Rolle der Frau, sondern soziale Gegensätze, die durchaus im Iran existieren und die ich als größte Herausforderung des Landes empfinde. Tiefe Armut und Luxus wie sie in Teheran nebeneinander existieren: Lehnt nicht gerade der schiitische Islam soetwas ab?
Dieser Film ist leider im Iran ebenfalls verboten.

Manchmal habe ich die Sorge, dass der Iran beim Umgang mit Andersdenkenden oder Kritik ähnliche Fehler macht wie die DDR, aber aus der Ferne kann ich das wohl nicht beurteilen.

Bernd das+Brot16-02-11

Man kann den Fall von hier aus schlecht beurteilen. Die Frage ist, ob auch im Iran mehr über die Angelegenheiten anderer Ländern gesprochen wird als über die eigene Gesellschaft? Bei einer Finanzkonferenz könnte man z. B. einen Platz für Axel Weber freihalten (der wegen seinem Anti-Inflationskurs gehen musste), oder bei einer Medienkonferenz für Ullrich Tilgner (der wegen seiner außenpolitischen Haltung seinen Staatssender verlassen musste) oder bei einer Menschenrechtskonferenz ein Platz für die Folteropfer (die über Rammstein verfrachtet werden) oder bei einer Datenschutzkonferenz einen symbolischen Platz für alle Bürger Deutschlands (die wissentlich von Auslandsdiensten und Konzernen ausspioniert werden) oder bei einem - von Bollywood finanzierten - Filmpreis ein Plätzchen für Filmemacher (die der staatlichen Filmförderung im Vorfeld nicht genehm sind) oder bei einer Gedenkveranstaltung auch ein Platz für Kriegstote (als Opfer deutscher Waffen in der ganzen Welt). Das klingt verrückt? Nein, das ist verrückt!
Wenn man die Marktöffnung im Iran will, um seine stinkenden Benzinmotoren zollfrei verkaufen zu können, so kann man das doch auch einfach mal direkt ansprechen unter erwachsenen Menschen ohne in der Tagesschau verwackelte Bilder von 20 rennenden Menschen zeigen zu müssen. War es ein Kastortransport? Nein da wird ja nur getrommelt und spazieren gegangen.
Üblicherweise spricht man Fragen, an denen einem gelegen ist, so an, dass eine Verbesserung mit dem Adressaten praktisch erreicht werden kann. Aber dieses Zwanghafte und Verhetzenden…. lässt an den Motiven zweifeln. Entscheidend ist aber, dass es unterschiedliche Gesellschaftsordnungen gibt, die man als Demokrat akzeptieren kann, ansonsten entblößt sich der gepredigte Liberalismus als ideologisches Kampfinstrument. Wer eine Gesellschaftsordnung ändern will, muss meiner Ansicht nach die Einbürgerung abwarten, dann kann er sich am Diskurs beteiligen und meinetwegen versuchen, seine ihm vertraute Herrschaft einer Industrieeleite zu installieren.
Einbürgerungsanträge sind bitte bei der zuständige konsularische Einrichtung zu stellen.
B.B.

Wolfgang16-02-11

Tatsächlich könnten bei Veranstaltungen dieser Art viele leere Stühle auf das Schicksal inhaftierter oder wegen ihrer Meinung verfolgter Personen stehen. Im Fall Panahi hat die iranische Justiz völlig übertrieben reagiert. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Präsident Ahmadinejad davon nicht begeistert war. Er ist immer wieder mal hervorgetreten, als jemand, der den Künsten und Künstlern seines Landes mit einer gewissen Achtung gegenüber tritt. Ich erinnere an ein Foto, das ihn nach der Aufführung einer Symphonie von Majid Entezami (übrigens auch ein vielbeschäftigter Filmkomponist) mit diesem zusammen zeigt. Bei einer anderen Veranstaltung hat er sich auch als Liebhaber der Lieder von Alireza Eftekhari geoutet.
Es wäre sehr zu wünschen, wenn er seinen Einfluß bei einer Berufung im Fall Panahi einfließen lassen würde. Es wäre überhaupt zu wünschen, dass man im Iran solche Leute nicht ständig als eine Art von Landesfeinden behandelt.
Bei uns sollte man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass in Iran andere Regisseure hervorragende Filme abliefern. Ich bin nicht genug informiert, ob die deutsche Seite diese Filme nicht möchte oder ob die iranischen Verantwortlichen kein Interesse haben, sie im Ausland zu zeigen. Es sind ja oft immer die gleichen Namen, die bei den Festivals auftauchen: Majidi, Ghobadi, Panahi, jetzt Farhadi, manchmal noch Kiarostami, früher auch der jetzt scheinbar filmmäßg verstummte Makhmalbaf. Das iranische Kino zählt zu den anspruchsvollsten der Welt, trotz Kleidervorschriften für Schauspielerinnen und Berührungs- bzw. Kussverbot zwischen den Geschlechtern. Diese Filmkunst ist ein Pfund, das die iranischen Machthaber offensichtlich nicht nutzen wollen.

Lolurt29-05-15

Die Berlinale hat sich doch inzwischen selbst entlarvt: "Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte auf der Berlinale lautstark begrüßt, dass wieder ein Film des regimekritischen iranischen Regisseurs Jafar Panahi im Wettbewerb lief. Die Berlinale sei eben "schon immer politisch" gewesen. Mit diesen Worten lieferte sie der iranischen Propaganda jedoch ungewollt eine Steilvorlage – zum Schaden der iranischen Künstler."

http://de.qantara.de/inhalt/monika-gruetters-rede-auf-der-berlinale-baerendienst-fuer-irans-unabhaengige-kulturschaffende





* Bitte haben Sie Verständnis, dass die Redaktion Beiträge editiert oder nicht freigibt mit dem Ziel einen moralischen Austausch zu gewährleisten.