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Irans Transparenzwille in der Atompolitik


Iran, Natanz, Urananreicherungsanlage

Die IAEA unterhält Kameras in den iranischen Atomanlagen. Im Bild die Urananreicherungsanlage in Natanz.

Irananders legte am 08.07.2010 Beschwerde gegen einen Artikel in der „Rheinischen Post Online“ beim Presserat ein. Im Folgenden die Mail von Irananders:


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich sehe in dem Beitrag einen Verstoß gegen die Ziffern 1 und 2 des Kodexes.

In Ziffer 1 heißt es: "Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien."

Ebenso ist dieser Artikel ein Verstoß gegen Ziffer 2 des Kodexes, in dem es heißt: „Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. [...] Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.“

Die im Screenshot markierte Passage ("Der Iran hat bislang nichts getan, um den Verdacht zu zerstreuen, dass er an einer Atombombe arbeitet") ist schlicht und einfach nicht wahr und stellt auch  beim besten Willen keine Interpretation der Wahrheit dar.

Im Dokument der Internationalen Atomenergiebehörde Communication dated 19 February 2010 received from the Permanent Mission of the Islamic Republic of Iran concerning the supply of fuel for the Tehran Research Reactor (Siehe Anhang) zeigte sich der Iran bereit, 1200 kg von seinem Uran – wie von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) und Obama verlangt – im Ausland anreichern zu lassen, wenn es beim Austausch Garantien erhalte. Das ist genau das, was immer wieder gefordert wurde und wird - um den Verdacht, der Iran baue eine Atombombe, zu zerstreuen. Solche Garantien hat es von Brasilien und der Türkei erhalten und ein Austausch/Deal war schon ausgearbeitet und unterschrieben. Diese Umstände sollten auch durch die übliche Berichterstattung in der hiesigen Presse bekannt sein und damit nicht besonders schwer zu recherchieren sein. Auch wenn es Zweifel an den tatsächlichen Bemühungen Irans gibt, so ist doch die Behauptung, dass der Iran „nichts getan“ hat, eine totale Falschaussage. Kein anderes Land der Welt hat mehr Inspektionen der IAEO zugelassen als Iran.

Wenn man den Verlauf der Gespräche ein wenig zurückverfolgt und die Veröffentlichungen der IAEO in Wien studiert, dann stellt man fest, dass der Iran sogar schon die Anreicherung als Zeichen des Vertrauens komplett ausgesetzt, dafür aber keine Gegenleistungen erhalten hatte. Hier das Dokument der IEAO:

http://www.iaea.org/NewsCenter/Focus/IaeaIran/statement_iran21102003.shtml

Die Aussage „Der Iran hat bislang nichts getan, um den Verdacht zu zerstreuen, dass er an einer Atombombe arbeitet" ist damit entweder gar nicht oder sehr schlecht recherchiert (Verstoß gegen Ziffer 2) und eine Falschaussage (Verstoß gegen Ziffer 1), die bei diesem heiklen Thema, in dem es sogar um Krieg und Frieden gehen kann, sehr gefährlich ist. Die Öffentlichkeit und die Leser haben hier ein Recht auf eine wahrhaftige Darstellung.

Herzliche Grüße

Leo Schmitt


In dem Antwortschreiben des Presserates von 07.10.2010 heißt es dazu:

„Die Redaktion trägt Pro- und Contra-Argumente zusammen. Bei den Contra-Argumenten heißt es: ‚Der Iran hat bislang nichts getan, um den Verdacht zu zerstreuen, dass er an einer Atombombe arbeitet’. Grundlage unserer Prüfung war in diesem Zusammenhang die Ziffer 2 des Pressekodex. […] Wir sind der Ansicht, dass der Autor mit seiner Formulierung gemeint habe, dass es dem Iran bislang nicht gelungen sei, den Verdacht zu zerstreuen, dass er an einer Atombombe arbeite. Diese Auffassung ist durch Tatsachen belegt. Die Formulierung ist sicherlich nicht eindeutig. Es handelt sich um einen sprachlichen Missgriff, der in verschiedene Richtungen interpretiert werden kann, auch in die, von der Sie in Ihrem Beschwerdeschreiben ausgehen. Wir halten die missverständliche Formulierung jedoch für nicht so gravierend, als dass sie die Einleitung eines Beschwerdeverfahrens rechtfertigen würde.“

Schließlich heißt es:

„Insgesamt konnten wir eine Verletzung publizistischer Grundsätze daher nicht feststellen. Ihre Beschwerde war somit unbegründet.“

Irananders stimmt dem Urteil des Presserates insofern zu, da der von uns monierte Satz im Contra-Bereich des RP-Artikels steht und daher schon eine gewisse Subjektivität suggeriert. Andererseits können wir aber die arbiträre Auslegung des Satzes durch den Presserat per se nicht nachvollziehen. Im Artikel heißt es nicht „Dem Iran gelang es bislang nicht, den Verdacht zu zerstreuen… “, sondern der Autor des Artikels schrieb: „Der Iran hat bislang nichts getan, um den Verdacht zu zerstreuen… “ In der ersten Formulierung wird angenommen, dass der Iran vergebens bemüht ist, Zweifel über sein Nuklearprogramm zu zerstreuen, wohingegen in der zweiten Formulierung eine Dialog- und Kooperationsverweigerung unterstellt wird.

 

Im Kontext des gesamten RP-Artikels, der das Thema behandelt, ob man mit dem Iran Fußball spielen darf oder nicht, sind solche Nuancen nicht trivial, sondern von fundamentaler Bedeutung. Denn die Frage eines Fußballspieles wird nur dann zu einem Thema, weil bereits eine gewisse Dämonisierung des Iran stattgefunden hat, und sich nun die Frage stellt, inwiefern diese eine Berechtigung hat. Falls der Iran tatsächlich jegliche Mitwirkung zur Aufklärung seines Atomprogrammes verweigert, wie es im Contra-Bereich des RP-Artikels behauptet wird, erscheint  die Dämonisierung und die behauptete Irrationalität des Iran legitimiert. Es bleibt allerdings die positive Feststellung, dass der Presserat nicht davon ausgeht, da er nicht von der zweiten Formulierung ausgeht. Somit hat der Presserat den Willen Irans zur Kooperation bestätigt.

 


Homayoun H.13-10-10

Immerhin, besser als Garnichts. Danke an die Redaktion für die Mühe.

Es gibt so viele Beispiele in den Deutschen Medien die viel eindeutiger und unmissverständlicher gegen den Kodex verstoßen. Wenn ich allein an die unzähligen eindeutigen Verstöße von Welt Online oder BILD bezüglich Iran denke, dann könnte man täglich hunderte Beschwerden an den Presserat schicken, ohne dass sich der Presserat mit "sprachlichem Missgriff" rausreden kann. Das ist allein eine Zeit- und Resourcenfrage.





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